28. Die Religion der Sonnenstaatler.
Beichte und Sühneopfer


DER GROSSMEISTER. Nun ist es aber Zeit, dass du von den Priestern, den Opfern, von der Religion und dem Glauben dieses Volkes erzählst.

DER GENUESE. Sol selbst ist der höchste Priester der Solarier und alle Obrigkeiten, insbesondere die höchsten sind Priester und ihr Amt ist, die Gewissen von jedem Fehl zu reinigen. Alle Solarier beichten im Geheimen ihre Sünden der Obrigkeit, ganz so wie es bei uns geschieht. Diese reinigt die Seele von Sünde und weiß so, welche Vergehen und Verfehlungen im Volke besonders häufig vorkommen. Die geheiligten obrigkeitlichen Personen selbst beichten wieder den drei höchsten Personen im Staate (den Triumvirn) ihre Sünden, aber auch fremde, ganz im Vertrauen, ohne jemand namhaft zu machen, nur so ganz im Allgemeinen, insbesondere die schwereren und dem Gemeinwesen schädlichen Versündigungen dem Sol, der somit weiß, von was für Gebrechen das Gemeinwesen heimgesucht ist und geeignete Abhilfe trifft. Dann bringt er Gott ein Opfer dar und sendet Gebete zu ihm empor, oder vorher bekennt er in öffentlicher Beichte im Tempel Gott die Sünden des ganzen Volkes, so oft eine Entsündigung desselben not tut, aber immer ohne Namen zu nennen. Dann spricht er das Volk los, indem er es ermahnt, nicht wieder in die alten Sünden zurückzufallen, und beichtet schließlich mit lauter Stimme die eigenen, worauf er ein Opfer bringt, auf dass Gott dem Gemeinwesen vergebe, dass er das Volk erleuchte und beschirme.

Einmal im Jahre kommen die Häupter der den Solariern unterworfenen Städte herbei, um dem Sol Beichte für die von ihnen regierten Völker abzulegen. So lernt er die Übelstände in den Provinzen kennen und ist imstande, mit allen weltlichen und geistlichen Mitteln bessernd einzugreifen.

Das Opfer vollzieht sich in folgender Weise. Sol hält im versammelten Volke Umfrage, wer sich für seine Mitbrüder zum Opfer bringen wolle, und der heilig Reinste bietet sich selber dar. Sodann legt man diesen nach gewissen Gebeten und Ceremonien auf eine viereckige Tafel, die an jeder der vier Ecken Stricke hat, die in vier Öfen gehen und von einem im Mauerwerk der kleinen Kuppel befestigten Flaschenzuge hinablaufen. Man bittet den barmherzigen Gott, er möge geruhen, dieses Menschenopfer wohlgefällig anzunehmen. Die Solarier opfern nämlich nicht, wie die Heiden, Tiere, weil das unfreiwillige Opfer sind. In dem für das Opfer bestimmten Zeitpunkte befiehlt Sol die Tafel emporzuziehen und das Opfer schwebt alsbald unter der kleinen Kuppel. Jetzt verrichtet die Person, die sich zum Opfer angeboten hat, inbrünstige Gebete. Die Priester, deren Zellen ringsherum um diese Kuppel gebaut sind, reichen ihm zu einem Fenster hinaus Nahrung, aber nur in sehr kleinen Portionen, so lange bis die Sühnung vollzogen. Nach zwanzig oder dreißig Tagen freiwilligen Fastens, wenn man glaubt, der Zorn Gottes sei besänftigt, wird der Büßer Priester, oder er kehrt, wenn auch sehr selten, zu seinen Mitbürgern zurück, indem er auf der Außenseite des Tempels bei den Priesterzellen wieder herabsteigt. Er wird von seinen Mitbürgern für den Rest seines Lebens hochgeachtet, ja mit Ehrfurcht betrachtet, weil er sich Gott selbst zum Opfer dargeboten hat, nur dass Gott niemals Opfertod will.


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