26. Volksversammlung, Senat und Regierung


DER GROSSMEISTER. Noch hast du nicht von den Wissenschaften und von den Obrigkeiten gesprochen.

DER GENUESE. Doch wohl! Da du aber so wißbegierig bist, so werde ich noch Einiges hinzufügen.

Zur Neumondszeit, sowie auch bei jedem Vollmonde versammelt sich, nach einem dargebrachten Opfer, der große Rat. Alle Personen, die über zwanzig Jahre alt sind, haben Zutritt und dürfen ihre Stimme über Angelegenheiten des Gemeinwesens abgeben; dürfen Beschwerde erheben über die Amtsführung der obrigkeitlichen Behörden oder ihr Lob darüber aussprechen.

Alle acht Tage versammeln sich die Obrigkeiten, d.h. zuvörderst Sol, Weisheit, Macht, Liebe, (Pon, Sin, Mor), die wieder jeder drei Behörden unter sich haben, denen die oberste Leitung der Künste und Gewerbe zusteht; das macht zusammen dreizehn Obrigkeiten. »Macht« hat alle Militärangelegenheiten unter sich, »Weisheit« alles die Wissenschaften Betreffende, »Liebe« geht Ernährung, Bekleidung, Kindererzeugung und -erziehung an.

Die Armeekorpskommandanten, die Zensurionen und Dekurionen, sowie die weiblichen Vorgesetzten sind ebenfalls dieser Versammlung beigezogen.

Hier debattiert man über die Staatsangelegenheiten und erwählt definitiv die obrigkeitlichen Personen, die vorher im großen Rate nur vorgeschlagen worden waren.

Sol und die drei anderen Staatshäupter (die Triumviren) kommen täglich zusammen, um über die Vorkommnisse des Tages zu beraten, um die Ergebnisse der Wahlen zu berichtigen, zu bestätigen oder in Ausführung zu bringen, kurz, um alles vorzusehen, was der Augenblick gerade erfordert. Des Loses bedienen sie sich nicht, außer bei einem ganz zweifelhaften Wahlergebnisse.

Diese Obrigkeiten können nach dem Willen des Volkes gewechselt werden, mit Ausnahme der vier Höchsten, die nur nach vorheriger Beratung unter sich, allenfalls zu Gunsten eines Weiseren, Tauglicheren, Würdigeren als sie selbst sind, abdanken. Und so groß ist ihre Rechtschaffenheit und ihr Bestreben, sich zu vervollkommnen, dass sie in einem solchen Falle nicht zögern, ihrem Amte zu entsagen und sich gänzlich ihrem Nachfolger zu unterwerfen. Das ereignet sich aber nur höchst selten.

Alle Häupter der Wissenschaft unterstehen selbst wieder dem Triumvir Weisheit, neben dem Metaphysikus, der, wie ein Baumeister über die betreffenden Arbeiten, so über alle Wissenschaften gesetzt ist, denn er würde sich schämen, irgend etwas von dem, was der Mensch überhaupt in den Bereich seines Wissens bringen kann, etwas nicht zu wissen.

Nach ihm hat also ganz speziell »Weisheit« die Vorsteher jedes Wissenszweiges unter sich, nämlich den Grammatiker, den Logiker, den Physiker, den Arzt, den Politiker, den Sittenlehrer, den Nationalökonomen, den Astrologen, den Astronomen, den Geometer, den Kosmographen, den Musiker, den Professor der (perspektivischen) Zeichenkunst, den Arithmetiker, den Rhetor, den Maler, den Bildhauer. Unter dem Triumvir »Liebe« stehen die Obrigkeiten, die mit den Angelegenheiten der Zeugung, der Erziehung, der Gesundheitspflege, der Bekleidung, des Ackerbaues, der Viehzucht, der Mästung der Tiere, der Kochkunst etc. betraut sind. Unter dem »Macht« stehen die Obrigkeiten, die mit der Strategie, der Lagerkunst, der Schmiedekunst, der Arsenalverwaltung, mit der Leitung des Spionirwesens, des Remontewesens, der Fechtkunst, des Reiterei-, Infanterie-, Artillerie- und Schleuderwesens betraut sind; endlich der Provinzialpräfekt. Diese alle haben wieder Spezialchefs unter sich.


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