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Meinen, Meinung

Meinen, Meinung. Bevor wir wegen der Wirklichkeit eines Gegenstandes zur Meinung unsere Zuflucht nehmen, muß erst die Möglichkeit derselben gewiß sein, KrV tr. Meth. 1. H. 3. Abs. (I 641—Rc 790). „Die von aller Erfahrung abgesonderte Vernunft kann alles nur a priori und als notwendig oder gar nicht erkennen; daher ist ihr Urteil niemals Meinung ... Meinungen und wahrscheinliche Urteile von dem, was Dingen zukommt, können nur als Erklärungsgründe dessen, was wirklich gegeben ist, oder Folgen nach empirischen Gesetzen von dem, was als wirklich zum Grunde liegt, mithin nur in der Reihe der Gegenstände der Erfahrung vorkommen. Außer diesem Falle ist Meinen soviel als mit Gedanken spielen, es müßte denn sein, daß man von einem unsicheren Wege des Urteils bloß die Meinung hätte, vielleicht auf ihm die Wahrheit zu finden“, ibid. (I 645—Rc 794 f.). „Meinen ist ein mit Bewußtsein sowohl subjektiv als objektiv unzureichendes Fürwahrhalten.“ „Ich darf mich niemals unterwinden zu meinen, ohne wenigstens etwas zu wissen.“ „In Urteilen aus reiner Vernunft ist es gar nicht erlaubt, zu meinen. Denn weil sie nicht auf Erfahrungsgründe gestützt werden, sondern alles a priori erkannt werden soll, wo alles notwendig ist, so erfordert das Prinzip der Verknüpfung Allgemeinheit und Notwendigkeit, mithin völlige Gewißheit, widrigenfalls gar keine Leitung auf Wahrheit angetroffen wird.“ Daher gibt es kein Meinen in der reinen Mathematik und in den Grundsätzen der Moral, „da man nicht auf bloße Meinung, daß etwas erlaubt sei, eine Handlung wagen darf, sondern dieses wissen muß“. Im „transzendentalen Gebrauche der Vernunft“ wieder ist Meinen zu wenig, Wissen zu viel, ibid. 2. H. 3. Abs. (I 678 f.—Rc 832 f.). Das Meinen ist ein „problematisches“ Urteilen bzw. ein „vorläufiges“ Urteilen. Es ist ein „Fürwahrhalten aus einem Erkenntnisgrunde, der weder subjektiv noch objektiv hinreichend ist“. „Vom Meinen fangen wir größtenteils bei allem unseren Erkennen an. Zuweilen haben wir ein dunkles Vorgefühl von der Wahrheit; eine Sache scheint uns Merkmale der Wahrheit zu enthalten; — wir ahnen ihre Wahrheit schon, noch ehe wir sie mit bestimmter Gewißheit erkennen.“ Meinung findet nur in „empirischen Erkenntnissen“ statt, nicht in Mathematik, Metaphysik, Moral, Log. Einl. IX (IV 73 f.). „Meinungssachen“ sind stets „Objekte einer wenigstens an sich möglichen Erfahrungserkenntnis (Gegenstände der Sinnenwelt), die aber nach dem bloßen Grade dieses Vermögens, den wir besitzen, für uns unmöglich ist“ (z. B. der Äther), KU § 91 (II 341). „Meinung ist ein mit Bewußtsein unzureichendes Fürwahrhalten, ist ein vorläufiges Fürwahrhalten“, N 2459. „Wissen und Glauben ist entschieden, Meinen unentschieden“, N 2450. „Bei der Meinung ist man noch frei (problematisch), beim Glauben assertorisch (man erklärt sich), beim Wissen apodiktisch (unwiderruflich). Man braucht bei jenem nur eine bessere Meinung dagegen zu bringen; beim Glauben aber bin ich dem Subjekte nach schon gebunden“, N 2449. Vgl. Metaphysik, Hypothese, Glauben, Fürwahrhalten.