Lodovico Caracci

Caracci, Lodovico, der eigentliche Stifter der Schule der Caracci, geb. 1555, war der Sohn eines Fleischers, fühlte aber von früher Jugend an einen Trieb zur Kunst in sich, weshalb ihn sein Vater zu Prospero Fontana in die Lehre tat, wo er sich gleich Anfangs, der damals herrschenden Manier der sogenannten Idealisten gründlich abhold, den anhaltendsten und strengsten Studien hingab. Deshalb aber, da sie der Kunstweise seiner Zeit fremd geworden waren, mannigfachen Spott, ja selbst Verachtung zu ertragen hatte. Er ließ sich jedoch dadurch nicht beirren, reiste, nachdem er in seiner Vaterstadt die besten einheimischen Meister, namentlich die Werke des Bagnacavallo und Tibaldi, studiert hatte, nach Venedig, wo er bei Tintoretto in die Lehre trat, der ihm, als er die Mühe und das Studium sah, das ihn seine Arbeiten kosteten, wie früher Fontana riet, die Kunst zu verlassen. Lodovico jedoch, sich seines Berufes bewusst, setzte nur mit um so emsigerem Fleiße seine Studien, in denen er es von Anfang an auf eine Reform des bisher üblichen Kunstbetriebs abgesehen hatte, fort, begab sich darauf nach Florenz, wo er nach Andrea del Sarto studierte und den Unterricht des Passignano genoss, eines Meisters, der sich bereits dem neuen Aufschwung in der Malerei angeschlossen hatte, welcher sich auch in der Florentiner-Schule um selbige Zeit zu regen anfing. Als er aber sah, dass alle diejenigen, welche sich der neuen Richtung anschlossen, tun der Mattherzigkeit, die sich in der Kunst eingeschlichen hatte, zu entgehen, hingingen, sich an den Werken der alten großen Meister zu begeistern, reiste er nach Parma, und von da nach Mantua und Venedig, an welchen Orten er überall gründliche Studien nach Correggio, Parmigianino, Giulio Romano und Tizian machte. 

Die Vorzüge dieser großen Maler nun, die er hinlänglich in sich aufgenommen, mit den Schönheiten der Natur und der Antiken zu verbinden und in Eins zu verschmelzen und damit der fessellosen Willkür der Manieristen entgegenzutreten, war fortan sein einziges Bestreben, und er war nach seiner Rückkehr nach Bologna aufs Eifrigste in dieser Weise tätig. Seine Werke, die einen ganz neuen Stil ankündigten, fanden auch viele Bewunderer, aber eben so viele Neider unter den Malern. Er musste deshalb gefasst sein, einen förmlichen Krieg gegen die Übermacht dieser im tiefsten Manierismus verwilderten Zunft beginnen zu müssen und sah sich daher nach einer kräftigen Unterstützung und nach Anhängern unter der Jugend um. Er fand dieselben in der Person seiner beiden Neffen, des Agostino und Annibale Caracci, in denen er das frühzeitig hervorstechende Talent erkannte und deren künstlerischen Ausbildung er sich nun unterzog. Er schickte jenen in die Lehre des Prospero Fontana, ohne jedoch darüber die eigene Überwachung seiner Studien zu vernachlässigen, den Letzteren aber unterrichtete er selbst. Agostino widmete sich überdies den Wissenschaften, beide aber machten in der Malerei so glänzende Fortschritte, dass sie den Neid und die Eifersucht der älteren Bolognesischen Maler erweckten, und Lodovico sich veranlasst sah, sie, bis sie in ihrer künstlerischen Ausbildung gehörig erstarkt, um den Kampf mit den Gegnern aufzunehmen, vorher noch ins Ausland zu schicken. Nach ihrer Rückkehr in die Vaterstadt, übernahmen alle drei Caracci die Ausschmückung des Palazzo Fava. Annibale und Agostino malten die Geschichte Jasons in 18 Bildern, Lodovico die Aeneide in 12 Darstellungen. So vielfache Anerkennung diese Malereien aber auch Seitens des Publikums fanden, so laut erhob sich gegen sie der erbitterte Tadel ihrer Gegner, der durch das Ansehen, in welchem diese schon seit lange standen, um so größeres Gewicht erhielt. Lodovico und Agostino sollen deshalb auch schon beschlossen gehabt haben, ihren Vorsatz aufzugeben und zu der im Schwünge gehenden Manier zurückzukehren, Annibale aber, als der Entschlossenste unter ihnen, darauf gedrungen sein, nicht nachzugeben, sondern dem Strom der Schmähungem immer bessere Werke entgegenzusetzen. Lodovico schöpfte wieder neuen Mut und stiftete nun mit seinen Neffen eine Kunstakademie, welche den Namen der Incamminati (von incamminare, auf den Weg, in Gang bringen) führte. Sie versahen dieselbe mit allen zum gründlichsten Studium nötigen Mitteln, mit Gipsabgüssen, Kupferstichen und Handzeichnungen, sorgten für zweckmäßigen Unterricht im Zeichnen und Malen nach dem Nackten, für gehörige Unterweisung in den theoretischen Fächern der Perspektive, Anatomie u.s.w. und leiteten ihre Schüler mit Klugheit und Liebe. Dadurch gerade erhielten sie auch um so größeren Zuspruch, je mannigfacher die Letzteren zuvor von dem Hochmut der älteren Meister zu leiden gehabt und trotz des Widerspruchs von dieser Seite wurde daher die Schule der Caracci von Tag zu Tage mehr besucht. Calvart, Fontana u.s.w. verloren ihre besten Zöglinge und es währte nicht lange, so mussten die übrigen Künstschulen der Stadt geschlossen werden und die Caracci erlebten den Triumph, ihre Gegner gedemütigt zu sehen. Naturbeobachtung mit der Nachahmung der besten Meister zu verbinden, war zwar allerdings der feststehende Grundsatz der Schule, jedem der Schüler stand aber dabei frei, die Bahn zu wandeln, die ihm am meisten gefiel, ja jeder wurde zu dem Stile angeleitet, der von Natur aus in ihm lag. Daher rühren auch die verschiedenen eigentümlichen Behandlungsweisen, welche aus dieser einen Schule hervorgingen. 



Inhalt:


Lodovico Caracci - Malerei, Lehre
Lodovico Caracci - Werke: Berlin, Bologna, London, Genua, Madrid

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