Brennende Frage
Brennende Frage erscheint im parlamentarischen Sprachgebrauch seit den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts als stehende Wendung, die aber bald auch freier gebraucht wird. Laube, Das d. Parlament 3, 134 (1849): „Dies war indessen nur die erste Instanz in dieser brennenden Frage, welche täglich höher aufloderte.“ Ebenda S. 143: „Am 20. November kam diese lodernde Frage zum letzten Male und zur entscheidenden Verhandlung und Abstimmung.“
Die ganze Schale seines Spottes aber gießt Herm. Kurz 11, 56 ff. darüber aus, indem er bald von „den modern-romantisch-bengalisch-gegensätzlich-brennenden Arbeits- und Genußlebensfragen der Jetztzeit“, bald von den „lichterloh brennenden Fragen von Kopfes-, Herzens- und Geldeswert“ spricht. Doch schon 1854 erscheint das Stichwort als Überschrift eines allgemeinen Artikels im Stuttg. Morgenblatt S. 89. Vgl. Z. B. auch Meyer S. 71 und Nietzsche 9, 81 (1870): „die meisten „brennenden Fragen“ der klassischen Philologie sind leidlich unbedeutend gegenüber den zentralen.“
Börne führt diese gespreizte Verwendung des Wortes Frage, wie Gombert in der ZfW. 3, 175 f. zeigt, auf eine diplomatische Unart zurück. So rügt er 10, 204 ff. (28. Jan. 1832) an einem Aufsatz Gagerns den Ausdruck griechische Frage mit den Worten: „Warum Herr von Gagern das allgemein bekannte Wort Griechenland ganz ohne Not mit Griechische Frage übersetzt, will ich Ihnen erklären … Sie (die Diplomaten!) stellen sich an, als gäbe es kein Land und kein Volk in der Welt, sie suchen das zu vergessen, und es gelingt ihnen durch Übung. Sie sagen darum nie: Portugal und Portugiesen, Italien und Italiener, Belgien und Belgier, Polen und polnisches Land; sondern sie sagen: die portugiesische Frage, die italienische Frage, die belgische Frage, die polnische Frage.“ Entsprechend auch 12, 82.