Arnolfo di Cambio

Arnolfo di Cambio (fälschlich Arnolfo di Lapo), einer der bedeutendsten Baumeister und Bildhauer seiner Zeit, wurde 1232 geboren. Sein Vater hieß Cambio und war von Colle aus Valdesla. Er erlernte die Zeichenkunst bei Cimabue, um sich ihrer in der Bildnerei zu bedienen, in der er von Nicola Pisano unterrichtet wurde, dem er auch später bei der Ausführung der im Jahr 1266 begonnenen Skulpturen an der Kanzel im Dome von Siena mit seinem Mitgesellen Lapo und dem Sohne des Nicola — Giovanni — hilfreiche Hand leistete. Vorzugsweise aber widmete er sich, wahrscheinlich unter der Leitung des Meisters Jakob, eines Deutschen, der Baukunst, worin er durch seine Werke zu so großem Ansehen gelangte, dass er schon in seinen kräftigsten Mannesjahren den Ruf des besten Meisters in Toskana genoß. Nach seinen Angaben errichteten die Florentiner den letzten Ring ihrer Stadtmauern und die später in die Kirche Or San Micchele umgewandelte Getreidehalle (lat. Horreum S. Michaelis — daher der Name). Im Jahr 1285 baute er die Loggia und Piazza de' Priori und 1294 die Kirche S. Croce zu Florenz; hierauf entwarf er den Plan zu den Kreuzgängen jener Kirche, restaurierte das Baptisterium S. Giovanni und ließ es mit Marmor bekleiden. 1295 machte er die Entwürfe zur Erweiterung der Stadt im oberen Arnothale, wofür er zum Bürger von Florenz ernannt wurde. 

Als im darauf folgenden Jahre die Florentiner beschlossen, eine Hauptkirche in ihrer Stadt zu errichten „von jener höchsten und größten Pracht, dass sie von menschlichem Fleiß und Vermögen nicht größer und schöner erfunden werden könne," über trugen sie ihm den Bau, und er machte in den Jahren 1296 — 98 Pläne und Modell zu der Kirche S. Maria del Fiore,* dem Hauptwerk seines Lebens. 1298 wurde der Grundstein zu dem, in seinem Umfang die desshalb niedergerissene Kirche S. Reparata und einige andere Kirchen und Häuser einschließenden Florentiner Dom gelegt. Arnolfo machte indessen nur den Plan zum Ganzen, wölbte die drei kurzen Arme des langen Kreuzes unter der achteckigen Kuppel, ließ sie mit Marmor bekleiden und führte die gewaltigen Widerlager der acht Seiten aus, denen Brunnelleschi auf der Unterlage der vorzüglichen Fundamente die mächtige Last der Kuppel anvertrauen konnte. Sein im italienisch-germanischen Stil errichteter Bau zeigt weder in der Anlage, noch in der Ausführung die Leichtigkeit und das Emporstreben des germanischen Stils wie dieser überhaupt in Italien fast nirgends zu einer organischen Durchbildung gelangte; aber er wusste in demselben doch durch den Eindruck eines gewaltigen Ernstes einer würdig gehaltenen Schönheit und durch die Kühnheit der Konstruktionen zu imponieren. In demselben Jahre noch machte er die Pläne zu dem Palaste der Signori, wurde aber hier durch die Befehle der Machthaber der Stadt, die Fundamente desselben nicht auf Grund und Boden der niedergerissenen Häuser der ghibellinischen Uberti, die das Volk zum Aufruhr gereizt hatten, zu errichten, so geniert, dass derselbe einen unregelmäßigen Grundriss erhielt.

Arnolfo erlebte aber weder die Vollendung des Palastes, noch des Dombau's, er starb 1300. Eine Gedächtnisstafel außen an der Kirche, dem Turm gegenüber, rühmt seine Verdienste, und sein Bildnis ist der Nachwelt auf einem Gemälde Giotto's, in dem Tod des h. Franziskus in der Kirche S. Croce, in einer der Gestalten, welche im Vordergrunde mit einander sprechen, erhalten. 

Bedeutendere Werke der Skulptur von seiner Hand, in der seine Eigentümlichkeit in einer schönen Durchbildung der Form, in der bewegten Lebendigkeit der Darstellung bei vorherrschend germanischer Behandlungsweise bestand, sind das Tabernakel des Hochaltars in S. Paolo bei Rom mit den Figuren von Petrus und Paulus und zwei ändern Aposteln, laut der Inschrift im J. 1285 von ihm ausgeführt, und, unter den im Verein mit anderen (worunter auch deutschen) Künstlern ausgeführten Skulpturen an der Fassade des Domes von Orvieto (begonnen 1290), namentlich das Basrelief der Auferstehung. In seiner Eigenschaft als Architekt und Bildhauer lernen wir ihn besonders in dem Grabmal des Kardinals Guglielmo de Brago (um 1289 vollendet) in der Kirche S. Domenico zu Orvieto, einer seiner schönsten und merkwürdigsten Arbeiten, kennen. Die Architektur ist reich und die daran angebrachten Figuren voll Mannigfaltigkeit und Bewegung. Ferner werden ihm beigelegt das Grabmal des P. Honorius III. in S. Maria maggiore zu Rom, die Marmorkapelle mit der h. Krippe in derselben Kirche, und das große Monument des Papstes Bonifazius VIII. in der auf Befehl dieses Papstes Ton ihm erbauten Kapelle in der Peterskirche zu Rom.  

 

Literatur. Vasari, Leben der ausgez. Maler, Bildh. und Baumeister. — Ouatremère de Quincy, Dictionnaire historique d'Architecture. — Rumohr, Italienische Forschungen. — Hagen, Briefe in die Heimat. 

 

* Abgebildet in den Denkmälern der Kunst. Atlas zu Kuglers Handb. der Kunstgesch. Taf. 57, Fig. 2-5.


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