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In Ketten tanzen

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In Ketten tanzen. — Bei jedem griechischen Künstler, Dichter und Schriftsteller ist zu fragen: welches ist der neue Zwang, den er sich auferlegt und den er seinen Zeitgenossen reizvoll macht (so dass er Nachahmer findet)? Denn was man „Erfindung“ (im Metrischen zum Beispiel) nennt, ist immer eine solche selbstgelegte Fessel. „In Ketten tanzen“, es sich schwer machen und dann die Täuschung der Leichtigkeit darüber breiten, — das ist das Kunststück, welches sie uns zeigen wollen. Schon bei Homer ist eine Fülle von vererbten Formeln und epischen Erzählungsgesetzen wahrzunehmen innerhalb deren er tanzen musste: und er selber schuf neue Konventionen für die Kommenden hinzu. Dies war die Erziehungs-Schule der griechischen Dichter: zuerst also einen vielfältigen Zwang sich auferlegen lassen durch die früheren Dichter; sodann einen neuen Zwang hinzuerfinden, ihn sich auferlegen und ihn anmutig besiegen: so dass Zwang und Sieg bemerkt und bewundert werden.