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Das Wort „Eitelkeit“

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Das Wort Eitelkeit“. — Es ist lästig, dass einzelne Worte, deren wir Moralisten schlechterdings nicht entraten können, schon eine Art Sittenzensur in sich tragen aus jenen Zeiten her, in denen die nächsten und natürlichsten Regungen des Menschen verketzert wurden. So wird jene Grundüberzeugung, dass wir auf den Wellen der Gesellschaft viel mehr durch das, was wir gelten, als durch das, was wir sind, gutes Fahrwasser haben oder Schiffbruch leiden — eine Überzeugung, die für alles Handeln in bezug auf die Gesellschaft das Steuerruder sein muss — mit dem allgemeinsten Worte „Eitelkeit“, „vanitas“ gebrandmarkt: eines der vollsten und inhaltreichsten Dinge mit einem Ausdruck, welcher dasselbe als das eigentlich Leere und Nichtige bezeichnet, etwas Großes mit einem Diminutivum, ja mit den Federstrichen der Karikatur. Es hilft nichts, wir müssen solche Worte gebrauchen, aber dabei unser Ohr den Einflüsterungen alter Gewohnheit verschließen.