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§ 51. „Paarung“ als assoziativ konstituierende Komponente der Fremderfahrung

Sollen wir nun das Eigentümliche derjenigen analogisierenden Auffassung bezeichnen, durch die ein Körper innerhalb meiner primordialen Sphäre als meinem eigenen Leib-Körper ähnlich ebenfalls als Leib aufgefaßt wird, so stoßen wir fürs erste darauf, daß hier das urstiftende Original immerfort lebendig gegenwärtig ist, also die Urstiftung selbst immerfort in lebendig wirkendem Gang bleibt; und zweitens auf die uns schon in ihrer Notwendigkeit bekannt gewordene Eigenheit, daß das vermöge jener Analogisierung Appräsentierte nie wirklich zur Präsenz kommen kann, also zu eigentlicher Wahrnehmung. Mit der ersteren Eigentümlichkeit hängt nahe zusammen, daß ego und alter ego immerzu und notwendig in ursprünglicher Paarung gegeben sind.

Paarung, das konfigurierte Auftreten als Paar und in weiterer Folge als Gruppe, als Mehrheit, ist ein universales Phänomen der transzendentalen (und parallel der intentional-psychologischen) Sphäre; und, um es gleich beizufügen, so weit eine Paarung aktuell ist, so weit reicht jene merkwürdige Art in lebendiger Aktualität verbleibender Urstiftung einer analogisierenden Auffassung, die wir als jene erste Eigentümlichkeit der Fremderfahrung hervorgehoben haben, die somit nicht ihr ausschließlich Eigentümliches ausmacht.

Erläutern wir zunächst das Wesentliche der Paarung (bzw. Mehrheitsbildung) überhaupt. Sie ist eine Urform derjenigen passiven Synthesis, die wir gegenüber der passiven Synthesis der Identifikation als Assoziation bezeichnen. In einer paarenden Assoziation ist das Charakteristische, daß im primitivsten Falle zwei Daten in der Einheit eines Bewußtseins in Abgehobenheit anschaulich gegeben sind und auf Grund dessen wesensmäßig schon in purer Passivität, also gleichgültig ob beachtet oder nicht, als unterschieden Erscheinende phänomenologisch eine Einheit der Ähnlichkeit begründen, also eben stets als Paar konstituiert sind. Sind ihrer mehrere als zwei, so konstituiert sich eine in einzelnen Paarungen fundierte phänomenal einheitliche Gruppe, eine Mehrheit. Wir finden bei genauer Analyse wesensmäßig dabei vorliegend ein intentionales Übergreifen, genetisch alsbald (und zwar wesenmäßig) eintretend, sowie die sich Paarenden zugleich und abgehoben bewußt geworden sind; des näheren ein lebendiges, wechselseitiges Sich-Wecken, ein wechselseitiges, überschiebendes Sich-Überdecken nach dem gegenständlichen Sinn. Diese Deckung kann total oder partiell sein; sie hat jeweils ihre Gradualität, mit dem Grenzfall der Gleichheit. Als ihre Leistung vollzieht sich am Gepaarten Sinnesübertragung, d. i. die Apperzeption des einen gemäß dem Sinn des anderen, soweit nicht an dem Erfahrenen verwirklichte Sinnesmomente diese Übertragung im Bewußtsein des Anders aufheben.

In dem uns besonders angehenden Fall der Assoziation und Apperzeption des alter ego durch das ego kommt es erst zur Paarung, wenn der Andere in mein Wahrnehmungsfeld tritt. Ich als primordiales psychophysisches Ich bin beständig abgehoben in meinem primordialen Wahrnehmungsfeld, ob ich auf mich achte und mich irgendwelcher Aktivität zuwende oder nicht. Im besonderen ist stets da und sinnlich abgehoben mein Leibkörper, aber zudem ebenfalls in primordialer Ursprünglichkeit ausgestattet mit dem spezifischen Sinn der Leiblichkeit. Tritt nun ein Körper in meiner primordialen Sphäre abgehoben auf, der dem meinen ähnlich ist, d. h. so beschaffen ist, daß er mit dem meinen eine phänomenale Paarung eingehen muß, so scheint nun ohne weiteres klar, daß er in der Sinnesüberschiebung alsbald den Sinn Leib von dem meinen her übernehmen muß. Aber ist die Apperzeption wirklich so durchsichtig, eine schlichte Apperzeption durch Übertragung wie irgendeine andere? Was macht den Leib zum fremden, und nicht zum zweiten eigenen Leib? Offenbar kommt hier in Betracht, was als der zweite Grundcharakter der fraglichen Apperzeption bezeichnet wurde, daß vom übernommenen Sinn der spezifischen Leiblichkeit nichts in meiner primordialen Sphäre original verwirklicht werden kann.