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§ 54. Explikation des Sinnes der fremderfahrenden Appräsentation

Das soeben Aufgewiesene deutet offenbar auf den Gang der den Modus Anderer konstituierenden Assoziation. Sie ist keine unmittelbare. Der meiner primordialen Umwelt angehörige Körper (des nachmals Anderen) ist für mich Körper im Modus Dort. Seine Erscheinungsweise paart sich nicht in direkter Assoziation mit der Erscheinungsweise, die mein Leib jeweils wirklich hat (im Modus Hier), sondern sie weckt reproduktiv eine andere unmittelbar ähnliche der zum konstitutiven System meines Leibes als Körpers im Raum gehörigen Erscheinungen. Sie erinnert an mein körperliches Aussehen, wenn ich dort wäre. Auch dabei, obschon die Weckung nicht zu einer Erinnerungs-Anschauung wird, vollzieht sich Paarung. In sie tritt nicht nur die zunächst geweckte Erscheinungsweise meines Körpers sondern er selbst als synthetische Einheit dieser und seiner mannigfaltigen anderen vertrauten Erscheinungsweisen. So wird die verähnlichende Apperzeption möglich und begründet, durch welche der äußere Körper dort von dem mir eigenen analogisch den Sinn Leib erhält; in weiterer Folge den Sinn Leib einer anderen Welt nach Analogie meiner primordialen. Der allgemeine Stil dieser wie jeder assoziativ erwachsenden Apperzeption ist danach so zu beschreiben: Mit der assoziativen Deckung der die Apperzeption fundierenden Daten vollzieht sich eine höherstufige Assoziation. Ist das eine Datum eine der Erscheinungsweisen eines intentionalen Gegenstandes — eines Index für ein assoziativ gewecktes System von mannigfaltigen Erscheinungen, als in welchen er sich selbst zeigen würde —, so wird das andere Datum ebenfalls zur Erscheinung von etwas, und zwar eines analogen Gegenstandes ergänzt. Es ist aber nicht so, als ob die ihm überschobene Einheit und Mannigfaltigkeit bloß ihn ergänzte durch Erscheinungsweisen von dieser anderen hier; vielmehr ist der analogisch aufgefaßte Gegenstand bzw. sein indiziertes Erscheinungssystem eben analogisch angepaßt der analogen Erscheinung, die dieses ganze System mit weckte. Jede durch assoziative Paarung erwachsende Fernüberschiebung ist zugleich Verschmelzung und in ihr, soweit nicht Unverträglichkeiten eingreifen, Verähnlichung, Angleichung des Sinnes des einen an den des anderen.

Gehen wir nun zu unserem Fall der Apperzeption des alter ego zurück, so ist jetzt selbstverständlich, daß, was da appräsentiert ist von seiten jenes Körpers dort, in meiner primordialen Umwelt nicht mein Psychisches, nichts überhaupt aus meiner Eigenheitssphäre ist. Ich bin leiblich hier, Zentrum einer um mich orientierten primordialen Welt. Damit hat meine gesamte primordiale Eigenheit als Monade den Gehalt des Hier, und nicht den in irgendeinem einzusetzenden Ich kann und ich tue sich abwandelnden irgendeines und so auch jenes bestimmten Dort. Eines und das andere schließt sich aus, es kann nicht zugleich sein. Indem aber der fremde Körper im Dort eine paarende Assoziation eingeht mit meinem Körper im Hier und, weil er wahrnehmungsgemäß gegeben ist, zum Kern einer Appräsentation wird, der Erfahrung eines mitdaseienden Ego, muß dieses nach dem ganzen sinngebenden Gang der Assoziation notwendig appräsentiert sein als jetzt mitdaseiendes Ego im Modus Dort (wie wenn ich dort wäre). Mein eigenes Ego, das in ständiger Selbstwahrnehmung gegebene, ist aber jetzt aktuell mit dem Gehalt seines Hier. Es ist also ein Ego als anderes appräsentiert. Das primordiale Unverträgliche in der Koexistenz wird verträglich dadurch, daß mein primordiales Ego das für es andere Ego durch eine appräsentative Apperzeption konstituiert, die ihrer Eigenart gemäß nie Erfüllung durch Präsentation fordert und zuläßt.

Leicht verständlich ist auch die Art, wie eine solche Fremdappräsentation im beständigen Fortgang der wirksamen Assoziation immer neue appräsentative Gehalte liefert, also die wechselnden Gehalte des anderen Ego zu einer bestimmten Kenntnis bringt; andrerseits wie durch die Verflechtung mit beständiger Präsentation und die an sie erwartungsmäßig gerichteten assoziativen Forderungen eine konsequente Bewährung möglich wird. Den ersten bestimmten Gehalt muß offenbar das Verstehen der Leiblichkeit des Anderen und seines spezifisch leiblichen Gehabens bilden: das Verstehen der Glieder ‹als› tastend oder auch stoßend fungierende Hände, als gehend fungierende Füße, als sehend fungierende Augen usw., wobei das Ich zunächst nur als so leiblich waltendes bestimmt ist und in bekannter Weise sich beständig bewährt, sofern die ganze Stilform der für mich primordial sichtlichen sinnlichen Verläufe den vom eigenen leiblichen Walten her typisch bekannten beständig entsprechen muß. In weiterer Folge kommt es begreiflicherweise zur Einfühlung von bestimmten Gehalten der höheren psychischen Sphäre. Auch sie indizieren sich leiblich und im außenweltlichen Gehaben der Leiblichkeit, z. B. als äußeres Gehaben des Zornigen, des Fröhlichen etc. — wohl verständlich von meinem eigenen Gehaben her unter ähnlichen Unständen. Die höheren psychischen Vorkommnisse, wie vielfältig sie sind und bekannt geworden sind, haben dann wieder ihren Stil der synthetischen Zusammenhänge und ihrer Verlaufsformen, die für mich verständlich sein können durch assoziative Anhalte an meinem eigenen, in seiner ungefähren Typik mir empirisch vertrauten Lebensstil. Dabei wirkt auch jedes gelungene Einverstehen in den Anderen als neue Assoziationen und neue Verständnismöglichkeiten eröffnend; wie es umgekehrt, da jede paarende Assoziation wechselseitig ist, das eigene Seelenleben nach Ähnlichkeit und Andersheit enthüllt, und durch die neuen Abhebungen für neue Assoziationen fruchtbar macht.