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Presse-Walzer

Die Presse, die Presse – die hat es nicht leicht:
Ihr wollt doch am Kaffeetisch lesen
vom Standpunkt, den unsere Valuta erreicht,
und ob eine Baisse gewesen.
Die Kenner, sie flüstern,
die Blätter, sie knistern –
es drahten die Enten
die Korrespondenten –
Und es rattern die großen Maschinen –
es geht ja doch nicht ohne ihnen …

Wir schreiben und schreiben, damit jeder hat
ein Morgenblatt und ein Abendblatt!
Wir schreiben und schreiben, damit jeder hat
ein Morgenblatt und ein Abendblatt.
Und leis unser Auge nur weint –
und leis unser Auge nur weint –
weil nachts, weil nachts, weil nachts keine Zeitung erscheint!
Weil nachts, weil nachts, weil nachts keine Zeitung erscheint!

Hält Bauer 'ne Rede, grollt Spartakus,
gibts mal eine Grippeverbreitung,
huscht hin durch den Zirkus Polonius –:
ihr sucht es tags drauf in der Zeitung.
Es stechen und piken
die bösen Kritiken –
drum schlingt sich der Reigen
der Heiratsanzeigen –
Und ihr sprecht zu uns, die wir euch dienen:
»Es geht ja doch nicht ohne Ihnen –!«

Wir schreiben und schreiben, damit jeder hat
ein Morgenblatt und ein Abendblatt!
Wir schreiben und schreiben, damit jeder hat
ein Morgenblatt und ein Abendblatt.
Und leis unser Auge nur weint –
und leis unser Auge nur weint –
weil nachts, weil nachts, weil nachts keine Zeitung erscheint!
Weil nachts, weil nachts, weil nachts keine Zeitung erscheint!

Theobald Tiger
Die Balldame. Erinnerungsblätter an den Presseball 1920,
hg. v. Festausschuß des Vereins Berliner Presse,
Verlag Rudolf Mosse, Berlin 1920, S. 3.