Erinnerung aus der Etappe
Lille ist eine wunderschöne Stadt!
Darin lag meine Kompanie!
Bis der Zapfenstreich geblasen hat,
ging ich in die Brasserie!
Darinnen saß ein blondes Kind,
grad so, wie unsre Mädeln sind,
ich fragte leis: »Wie heißen Sie?«
Sie sagt: »Marie.«
Doch da rief mich die Kompanie!
Unser Pisang hatte sein Quartier,
wo die großen Bäume stehn.
Und am schwarzen Abend waren wir
in den Schatten nicht zu sehn.
Ich faßt sie um den runden Leib,
sie lachte froh, das junge Weib …
Ich drückt sie und ich bat sie sacht
um eine Nacht …
Und sie sagt: »Ja, auf Wiedersehn!«
Der ihr Schatz war schon ein Praktikant
des Pariser Stadtgerichts.
Meine Grete saß im Pommernland,
und wir hatten nun beide nichts …
Ich fragt sie: »Hast du keine Reu?
Ich bin nicht treu! Du bist nicht treu!« –
Da sagt sie, und sie küßte mich:
»Jetzt lieb ich dich!« –
Und der Rest war uns einerlei!
Lille ist eine wunderschöne Stadt!
Manchmal denk, manchmal denk ich dran.
Wenn die Kleine mich gestreichelt hat,
fing sie leis zu singen an. –
Der Sternenhimmel spannte sich –
»Mon petit jou-jou«,
so nannt sie mich …
Und lieb ich auch mein Gretelein –
ich denke dein …
Einen Gruß, einen Gruß! übern Rhein!
Schall und Rauch, 1920, Nr. 22.