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Frauenlob

O daß nimmer mir der Mut versage,
jenen Duft zu suchen, unverloren
fühl ich ihn im Traum und wie dem Tage
dringt das Traumgefühl in alle Poren.

Und an allem haftet diese Endung
und umrahmt den Tag mit Finsternissen.
Wie es nun sich nähert der Vollendung,
noch ein Schritt nur, und ich werde wissen.

Aufzudunkeln die vergilbten Nächte,
bis zu dem Ereignis vorzudringen,
bann ich eingemischte Lebensmächte,
daß sie mir die Spuren nicht verschlingen.

War’s vom Weib? War’s von dem Ungeteilten?
Wo entbrach dies wunderbare Dünsten?
Die vom ersten Erdenfall begeilten
Götter brannten so in ihren Brünsten.

Winkt mir eine jener frühen Huren
aus des Lebens holder Seitengasse?
Ahnend nah ich mich der Wachsfiguren
sinnbetörend fehlerloser Rasse.

Zirkus und Panoptikum im Prater,
immer, wo der Zugang war verboten,
um die Türe zum Provinztheater
schwebte mir die Gnade der Eroten.

Dringt Natur, daß sie in Nichts versinke,
nicht gelingt dem Sinn die Unterscheidung.
Ach wie schön am Antlitz war die Schminke
und am Wuchs wie wonnig die Bekleidung!

Wirklichkeit, geschaffen zu verschimmeln;
Moderduft bricht aus lebendigen Munden.
Ach wie wäre ich in allen Himmeln,
nicht mit Käthchen, nur bei Kunigunden!

Doch auch ihr hab ich die Treu gebrochen,
als Olympia mir einst begegnet.
Denn die hat nach jenem Duft gerochen,
womit Eros meinen Traum gesegnet.

Eines Nachts erfuhr ich’s, und im Traume
tritt die Welt als Chaos aus dem Bette,
und kein Band hielt mich an Zeit und Raume,
als ich nachlief einer Marionette.

Angelangt, stand ich vor bösen Bürgern
und sie flehte mich, daß ich sie rette —
aber schon verfiel sie ihren Würgern,
denn es war Marie-Antoinette.

Oftmals noch galante Abenteuer,
mehr als in der Weiberwelt vorhanden,
hab in Gegenden, wo nichts geheuer,
hab im Grenzenlosen ich bestanden.

Losgelöst von Tätigkeit die Triebe,
blieb die Vorstellung mir unveraltet.
Luft aus Schweiß und Schierling war die Liebe
und dazu hab ich die Frau gestaltet.

Phantasie, die sich im Schaffen steigert,
leiht der Kreatur lebendigen Odem,
die ihr dankbar nimmer noch geweigert
als ein Opfer diesen heißen Brodem.

In den Orkus flucht ich die Minuten
jeder leib- und leidhaften Verbindung.
Zur Naturgestalt sich durchzubluten:
welches Wehsal der Gedankenwindung!

Vor der festgeformten Unbedeutung,
vor des Nichtseins fleischbewußtem Stolze!
Wo der Geist nach eigner Zubereitung
sich die Lust holt von weit echterm Holze.

Kann er solche Form schon nicht entbehren,
bieten sich bordellhaft ihm in Gruppen
schöner doch bekleidete Chimären,
stolzer doch gestreckte Gliederpuppen.

Welches Weib hat dieses dunkle Düften,
das mir nach verlornen Liebestaten
reicht vom Urbeginn bis zu den Grüften?
So nur, weiß ich, riechen Automaten!