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Die Schwangere

Erschaffen ward ich Einem oder Allen:
durch Ihn zur Menschheit oder ohne Ihn!
Und mußte ihrer einem nur gefallen
und ward der einen Notdurft Dienerin.

Die Mutter, deren Schoß mich einst getragen,
geheimnisvoll hat sie mich zugeführt
und ohne mich und ohne Gott zu fragen,
als etwas, das dem fremden Mann gebührt.

Der Ordnungssinn trieb aus der Sinne Tempel
die Andacht in des Bürgerbetts Geruch
und ließ mir zur Entschädigung den Stempel
der Trächtigkeit von meinem Gattungsfluch.

Wär’ ich stets nur verkauft dem ersten besten,
die Stunde, die mich hingab, macht mich frei.
Mein Leben bloß mit einem zu verpesten,
war sichrer und die Sitte sagt: es sei!

Dem ich zu seiner Kurzweil angebunden,
er hat zum Spaß mir nun entstellt den Leib;
als Unterbrechung seiner Schäferstunden
macht mir mein Mann ein Kind zum Zeitvertreib.

Der Lebensernst hält draußen ihn in Banden,
darum läßt er im Hause mich nicht los,
und also macht er die Natur zuschanden
und brennt ein Sklavenmal in meinen Schoß.

So stirbt die Welt und glaubt sich zu erhalten
und ihre Liebe ward entehrt zur Pflicht.
Wo bleibst du, Retter? Eh’ ich muß erkalten,
komm, küß mir von der Lippe dein Gedicht!