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Einfach

Einfach. Das absolut Einfache ist in der Welt der Erscheinungen nicht anzutreffen, die Teilbarkeit (s. d.) geht hier immer weiter (vgl. Antinomien). Die Einheit (rein formale Einfachheit) der Apperzeption, des logischen Ich (s. d.) ist nicht mit der Einfachheit einer substantiellen Seele (s. d.) zu verwechseln (vgl. Paralogismen).

Das Einfache ist ein Teil, der kein Ganzes ist, das, „was nach Aufhebung aller Verbindung übrig bleibt“. Aufgehoben wird die Zusammensetzung nur durch Zurückgehen vom gegebenen Ganzen zu allen seinen möglichen Teilen, d. h. durch Zergliederung. Vollständig kann diese Zergliederung in einer endlichen Zeit nicht sein. Der Fortschritt ins Unendliche ist nur nach Gesetzen des Verstandes, nicht nach denen der anschaulichen Erkenntnis vollziehbar, Mund. sens. § 1 (V 2, 89 ff.), vgl. Monade.

In der Welt der Erscheinungen existiert nichts absolut Einfaches, das in keiner (äußeren oder inneren) Erfahrung dargetan werden kann, sondern eine bloße „Idee“ ist. Der mathematische Punkt ist zwar einfach, aber er ist kein wirklicher Teil des Raumes, sondern nur eine Grenze. Raum und Zeit bestehen nicht aus e.en Teilen, wenn sie auch ins Unendliche Jeübar sind. Kein Teil des Raumes ist e., KrV tr. Dial. 2. B. 2. H. 2. Abs. 2. Widerstreit (I 397 ff.—Rc 523 ff.). Es ist zu beachten, „daß das Einfache in der Abstraktion vom Einfachen im Objekt ganz unterschieden ist“. Absolute Einfachheit ist kein Begriff, der unmittelbar auf eine Wahrnehmung bezogen werden kann. Die Einfachheit des Ich (s. d.) als logisches Subjekt ist etwas anderes als das Ich als — nicht gegebene und nicht zu erweisende — Seele. Der Körper — bloß betreffs seiner bewegenden Kraft gedacht — kann nicht deshalb als einfache Substanz gedacht werden, „weil seine Vorstellung von aller Größe des Rauminhalts abstrahiert und also einfach ist“, KrV tr. Meth. 1. H. 4. Abs. (I 651 f.—Rc 801 f.). „Wenn ich ein Ding einfach in der Erscheinung nenne, so verstehe ich darunter, daß die Anschauung desselben zwar ein Teil der Erscheinung sei, selbst aber nicht geteilt werden könne usw. Ist aber etwas nur für einfach im Begriffe und nicht in der Erscheinung erkannt, so habe ich dadurch wirklich gar keine Erkenntnis von dem Gegenstande, sondern nur von meinem Begriffe, den ich mir von Etwas überhaupt mache, das keiner eigentlichen Anschauung fähig ist. Ich sage nur, daß ich etwas ganz einfach denke, weil ich wirklich nichts weiter, als bloß, daß es Etwas sei, zu sagen weiß.“ Die bloße Apperzeption: Ich (s. d.) ist einfach nur im Begriffe, KrV 1. A. tr. Dial. 2. B. 1. H. Betrachtung üb. d. Summe ... (I 764 f.—Rc 492 f.).

Gegen Eberhard ist zu betonen, daß es keine einfachen Elemente von Raum und Zeit geben kann, schon „nach dem bloßen Grundsatze der Geometrie: daß durch zwei gegebene Punkte nicht mehr als eine gerade Linie gehen könne“, woraus auch die Unmöglichkeit einfacher Zeitteile folgt, „wenn man die Bewegung eines Punktes in einer Linie zum Grunde legt“. Es ist ferner sicher, „daß ein jedes Ding im Räume, eine jede Veränderung in der Zeit, sobald sie einen Teil des Raumes oder der Zeit einnehmen, gerade in soviel Dinge und in soviel Veränderungen geteilt werden, als in die der Raum oder die Zeit, welche sie einnehmen, geteilt werden“, Üb. e. Entdeck. 1. Abs. B. (V 3, 21 f.). Das Einfache ist kein Teil des Sinnlichen (Anschaulichen), kann auch nicht, da es völlig „unbildlich“ ist, als solcher vom Verstand gedacht werden, ibid. (V 3, 23 ff.). „Das Einfache also, in der Zeitfolge wie im Raum, ist schlechterdings unmöglich“, ibid. (V 3, 22). Die Kritik zeigt, „daß es in der Körperwelt, als dem Inbegriffe aller Gegenstände äußerer Sinne, zwar allerwärts zusammengesetzte Dinge gebe, das Einfache aber in ihr gar nicht angetroffen werde. Zugleich aber beweiset sie, daß die Vernunft, wenn sie sich ein Zusammengesetztes aus Substanzen, als Ding an sich (ohne es auf die besondere Beschaffenheit unserer Sinne zu beziehen) denkt, es schlechterdings als aus einfachen Substanzen bestehend denken müsse. Nach demjenigen, was die Anschauung der Gegenstände im Räume notwendig bei sich führt, kann und soll die Vernunft kein Einfaches denken, welches in ihnen wäre; woraus folgt: daß, wenn unsere Sinne auch ins Unendliche geschärft würden, es doch für sie gänzlich unmöglich bleiben müßte, dem Einfachen auch nur näher zu kommen, viel weniger endlich darauf zu stoßen; weil es in ihnen gar nicht angetroffen wird“, ibid. C (V 3, 29). „Ein Objekt sich als einfach vorstellen, ist ein bloß negativer Begriff, der der Vernunft unvermeidlich ist, weil er allein das Unbedingte zu allem Zusammengesetzten (als einem Dinge, nicht der bloßen Form) enthält, dessen Möglichkeit jederzeit bedingt ist.“ „Wenn ich nun sage: das, was der Möglichkeit des Zusammengesetzten zum Grunde liegt, was also allein als nicht zusammengesetzt gedacht werden kann, ist das Noumen (denn im Sinnlichen ist es nicht zu finden), so sage ich damit nicht: es liege dem Körper als Erscheinung ein Aggregat von so viel einfachen Wesen als reinen Verstandeswesen zum Grunde, sondern: ob das Übersinnliche, was jener Erscheinung als Substrat unterliegt, als Ding an sich auch zusammengesetzt oder einfach sei, davon kann niemand im mindesten etwas wissen“, ibid. C 1. Anm. (V 3, 29). In der Erscheinung als solcher ist alles „selbst wiederum Erscheinung, soweit der Verstand sie immer in ihre Teile auflösen und die Wirklichkeit der Teile, zu deren klarer Wahrnehmung die Sinne nicht mehr zulangen, beweisen mag“. Diese Teile werden also nie zu Dingen an sich, ibid. C (V 3, 30). Es bleibt ungewiß, „ob, wenn man dem Einfachen alle die Eigenschaften nimmt, wodurch es ein Teil der Materie sein kann, überhaupt irgend etwas übrig bleibe, was ein mögliches Ding heißen könne“, ibid. (V 3, 34). Vgl. Teil, Antinomie, Monade, Atom, Substanz, Seele, Paralogismus, Unendlichkeit.