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789. Hexen¹⁾. Zaubern²⁾. — Hexe³⁾. Zauberer⁴⁾. Drude⁵⁾. Schwarzkünstler⁶⁾.

1) To use witchcraft.
2) To practise sorcery.
3) Witch.
4) Sorcerer.
5) Hag.
6) Necromancer (one skilled in the black art).
1) User de sortilège (être sorcier, sorcière).
2) Exercer la magie.
3) Sorcière.
4) Enchanteur (magicien).
5) Magicienne (furie).
6) Nécromancien.
1) Ammaliare (incantare).
2) Esercitar la magia.
3) Strega (stregona).
4) Mago (incantatore).
5) Maliarda.
6) Negromante.

Ein Zauberer ist der, welcher auf geheimnisvolle, unerklärliche Weise Wirkungen hervorbringt, die der Aberglaube auf übernatürliche Kräfte, gewöhnlich auf gute oder böse Geister (Dämonen) zurückführt. Eine Hexe (althochd. hagzissa, hagazussa, hagzus, hâzus, hâzissa, angelsächs. haegtesse, mhd. heese, hexse, häxe) gilt als eine böse Zauberin. Das Wort Hexe wird sehr verschieden erklärt, über Vermutungen ist man aber noch nicht hinausgekommen. Nach Kauffmann, Beiträge XVIII, 155 Anm. 1; Noreen, Indogermanische Forschungen IV, 326; Wolfgang Golther, Handbuch der germanischen Mythologie S. 116 f. gehört das althochd. hazusa zu got. hatan, hassen, althochd. hazzên; Weigand nahm Ableitung von althochd. hag, d. i. Hag, Wald, Feld und Flur an, was auch Kluge tut. Die zweite Hälfte des Wortes führt Kluge vermutend auf altgall. dusius, Dämon, zurück, so daß er die Grundbedeutung Walddämonin annimmt. Heyne legte der zweiten Hälfte das altengl. tesu, Schaden, Frevel zugrunde. Dagegen hat J. Franck in seinen Untersuchungen bei Hansen, Quellen und Untersuchungen zur Geschichte des Hexenwahns 1901, S. 614—670 (vgl. Indog. Forsch. Anz. 15, 100) alle diese Erklärungen verworfen; Herman Hirt nimmt wohl mit Recht an, daß Hag nicht zugrunde liegen kann; er stellt das Wort vermutungsweise zu einem Stamme hagat- und diesen zu griech. kêkazein, schmähen. Eine Hexe ist eine Person (gewöhnlich eine weibliche), von der der Aberglaube annimmt, daß sie mit dem Teufel im Bunde stehe und durch teuflische Kräfte namentlich Wetterschaden, Verderben der Feldfrüchte und des Viehstandes herbeiführe. „Mein Freund, das lerne wohl verstehn! | Dies ist die Art, mit Hexen umzugehn.“ Goethe, Faust I. Zaubern heißt, solche Zauberkünste, hexen, solche Hexenkünste treiben; zaubern wird sowohl in gutem, wie in tadelndem Sinne, hexen nur in dem letzteren gebraucht. In übertragener Bedeutung heißt zaubern, überhaupt eine plötzliche starke Wirkung auf das Gemüt hervorbringen; mit Hexe bezeichnet man dagegen ein altes häßliches Weib, zuweilen auch im scherzhaften Sinne ein junges, flinkes Mädchen, wie denn überhaupt hexen uneigentlich soviel heißt als: mit unerklärlicher Geschwindigkeit etwas vollbringen. „Deine Zauber binden wieder, | was die Mode streng geteilt.“ Schiller, An die Freude. „Zauberin! mit Tönen, wie | mich mit Blicken, zwingst du sie.“ Ders., Laura am Klavier. „Nur fort, du braune Hexe, fort | aus meinem gereinigten Hause.“ Goethe, Der Müllerin Reue. „Umsonst, du kamst nicht, kleine Hexe.“ Heine, Zum „Lazarus“, 16.

Drude (dunkeln Ursprungs; mit Druide = Priester und Weiser der Kelten durchaus nicht verwandt, sondern nach Grimm auf das Adjektivum trût, d. i. traut, lieb, zurückgehend; da aber bei Grimms Erklärung das kurze u in mittelhochd. trute unaufgeklärt bleibt, so ist wohl trute eher als ablautende Bildung zu treten [got. trudan, althochd. trëtan] zu stellen, wie Trott und Tritt; denn Drude ist die alemannisch - österreichische Bezeichnung für den Alp, den nächtlichen Druck- oder Tretgeist) bezeichnet gleichfalls eine weibliche Person, welche Zauberei, namentlich aber die Kunst des Wahrsagens treibt. Besonders bezeichnet das Wort aber den Alp, der sich auf die Schlafenden legt. Das Wort kommt fast nur in Sagen und Märchen vor und ist nicht zu so allgemeinem Gebrauch vorgedrungen, wie Zauberer und Hexe. Schwarzkünstler (das Wort ist eine Übersetzung von Nigromant oder Negromant; dieses aber ist wieder entstanden durch Verwechslung des ital. negro [lat. niger], schwarz, mit gr. nekros, tot, und geht zurück auf gr. nekromanteia, d. i. Totenbefragung, und Nekromant, Totenbeschwörer) bezeichnet eigentlich den Totenbeschwörer, dann aber den bösen Zauberer (den mit den schwarzen, d. i. bösen Geistern in Verbindung stehenden).

Sinnverwandt mit Drude und Hexe sind noch die Ausdrücke Alp, Schrat oder Schrettele, Rätzel, Mahre und Troll. Die Gestalten des Volksaberglaubens entstammen entweder dem Seelen- oder dem Dämonenglauben. Der Seelenglaube ist der Glaube an ein Fortleben der Seele in der Natur, in der Luft, im Wind, in den Bergen, im Wasser und in den Wäldern, sowie an die Fähigkeit der Seele, den Körper im Schlaf zu verlassen und wieder in den Schlafenden zurückzukehren. Die Träume, in denen dem Schlafenden andere Menschen erschienen, mußten diese Meinung hervorrufen und bestärken. Der Dämonenglaube dagegen ist der Glaube „an das Belebtsein der ganzen Natur, der in seiner höchsten Form zur Personifikation gelangt“ (Tylor, Anfänge der Kultur I, 281). Die Natur und ihre Kräfte stellte sich der Mensch stets als höhere Wesen vor, und natürlich gab seine Phantasie diesen personifizierten Naturkräften menschliche oder tierische Gestalt. Diese mythischen Gestalten werden Dämonen genannt. Im Seelenglauben spielen die Druckgeister eine wichtige Rolle; denn die Traumerscheinung, bei der eine Gestalt sich auf den Menschen herabsenkte und diesen mit Erstickung bedrohte, unter dem Namen Alpdrücken bekannt, prägte sich dem Menschen besonders tief ein und führte zu dem Glauben an Druckgeister, die in der Nacht herumwandeln und andere quälen. Man glaubte, daß die Seele gewisser Menschen diese während des Schlafes verlasse und dann als Druckgeist herumwandle. Der verbreitetste Name für diese Druckgeister ist die Bezeichnung Alp, und noch heute nennt man diesen Vorgang allgemein Alpdrücken. Alp war ursprünglich die Benennung der Geister, die wir heute Elfen nennen. Das Wort Elfe ist das englische elf, das durch Wielands Übersetzung von Shakespeares Sommernachtstraum im Jahre 1764 und durch Herders Volkslieder eingeführt und dann bald völlig eingebürgert wurde, so daß die hochdeutsche Form Albe oder Elbe, mittelhochd. alp, ganz dadurch verdrängt wurde, namentlich auch deshalb mit, weil Alp seine ursprüngliche Bedeutung abgestreift und auf die eines nächtlichen Druckgeistes eingeengt hatte. Diese Bedeutung eines Druckgeistes hat das heutige Alp, und zwar ist Alp die in Mitteldeutschland übliche Benennung des Druckgeistes, d. h. in Sachsen, Franken, Thüringen, Hessen ist diese Benennung gebräuchlich, während die ursprünglich bei allen germanischen Stämmen übliche Benennung des Druckgeistes die Mahre oder der Mahr war (bei den Isländern, Schweden und Norwegern mara, dänisch mare oder nattemare, angelsächs. mara, engl. nightmare, holländ. nagtmerrie, althochd. mara); gegenwärtig ist Mahre besonders in Niederdeutschland als Benennung des Druckgeistes in Gebrauch.

Die oberdeutschen Bezeichnungen des Druckgeistes sind Drude und Schrat oder Schreit, Rätzel. Drude ist besonders auf alemannischem und österreichischem Gebiete gebräuchlich ("es hat mi di Trud druckt“). Auch Schrat gehört dem alemannischen Gebiete an. Das Wort Schrattel bedeutet wohl ursprünglich Geist, Gespenst (altnord. krati, skratti, Geist, Gespenst, althochd. scrato, Wald- oder Feldgeist; doch wird es auch auf norwegisch skratta, lärmen, skratla, rasseln, zurückgeführt, und würde dann: Poltergeist, Lärmgeist bedeuten). Schrettel, Schrettele und Schrätzlein oder Schretzlein sind Deminutive zu Schratt oder Schratz (neben althochd. scrato kommt auch vor scraz, z. B. waltschratz, d. i. Waldgeist). In Hauptmanns „Versunkener Glocke“ heißt der Waldgeist Waldschrat. Aus Schrätzlein oder Schrätzel ist durch Wegfall des sch Rätzlein, Rätzel (daneben auch Hatz) entstanden, das gleichfalls den nächtlichen Druckgeist bezeichnet, Da das Volk glaubte, daß solche Menschen nächtlich als Druckgeister wandelten, denen die Augenbrauen zusammengewachsen sind, so versteht das Volk unter Rätzel (auch fälschlich Rätsel geschrieben) auch solche Menschen mit zusammengewachsenen Augenbrauen. Troll ist die nordische Bezeichnung für Hexe, während die alte germanische Bezeichnung für Hexe die Unholde, später der Unhold und die Unholdin war (got. unhulþô, unhulþa; althochd. unholda; mittelhochd. die unholde, Teufelin, Zauberin, Hexe). Erst im 16. und 17. Jahrh. verdrängte das Wort Hexe das alte Unholde. Noch Goethe spricht von den „unholdigen Schwestern“ (Der getreue Eckart). Vampyr ist die slavische Benennung des Druckgeistes, die von den Slaven zu uns kam und sich in der gewählten Sprache sehr einbürgerte; der Vampyr saugt aber zugleich seinem Opfer das Blut aus. Das Wort wird daher in übertragener Bedeutung von Wucherern u. ähnl. gebraucht.