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Berliner Theater

Der Unterschied zwischen dem Satz »Heute abend geh ich ins Theater!«, gesprochen von einem Zweiundzwanzigjährigen im Jahre 1912, und demselben Satz, gesprochen von demselben Mann im Jahre 1929 –: diesen Unterschied möchte ich Theater spielen.

Da streiten sich die Leut herum, wie Komödie gespielt werden soll: Schauspieler, prominente Chargen und wildgewordene Spezialtalente … Regisseure … Dramaturgen … Oberspielleiter … in der Ecke steht ein bescheidener Mann, der Autor, was! Autor! wenns gut geht: der Bearbeiter der Übersetzung – das Theaterstück ist Vorwand und Anlaß geworden.

Weil es aber das Geistige ist, das uns ins Theater lockt, ein Geistiges, das dialektisch zerlegt ward, Kampf zwischen Engel und Teufel, zwischen Hell und Dunkel, zwischen Ja und Nein, so entfällt heute ein gut Teil des Interesses, weil das ganze Orchester spielt, aber kein Notenblatt liegt vor den Herren, der Dirigent rudert mit den Armen in der Luft herum, und es ist ein schöner Anblick, eine kunstreiche Veranstaltung, ein herrlicher, ein bestaunter, ein leerer Lärm. Anmerkung fürs Regiebuch: (strahlend) »Heute abend geh ich ins Theater!« – und: (stumpf, trocken) »Heute abend geh ich ins Theater!« – Wer oder was ist schuld?