Unser Erstaunen
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Unser Erstaunen. — Es liegt ein tiefes und gründliches Glück darin, dass die Wissenschaft Dinge ermittelt, die Stand halten und die immer wieder den Grund zu neuen Ermittelungen abgeben: — es könnte ja anders sein! Ja, wir sind so sehr von all der Unsicherheit und Phantasterei unserer Urteile und von dem ewigen Wandel aller menschlichen Gesetze und Begriffe überzeugt, dass es uns eigentlich ein Erstaunen macht, wie sehr die Ergebnisse der Wissenschaft Stand halten! Früher wusste man Nichts von dieser Wandelbarkeit alles Menschlichen, die Sitte der Sittlichkeit hielt den Glauben aufrecht, dass das ganze innere Leben des Menschen mit ewigen Klammern an die eherne Notwendigkeit geheftet sei: vielleicht empfand man damals eine ähnliche Wollust des Erstaunens, wenn man sich Märchen und Feengeschichten erzählen ließ. Das Wunderbare tat jenen Menschen so wohl, die der Regel und der Ewigkeit mitunter wohl müde werden mochten. Einmal den Boden verlieren! Schweben! Irren! Toll sein! — das gehörte zum Paradies und zur Schwelgerei früherer Zeiten: während unsere Glückseligkeit der des Schiffbrüchigen gleicht, der an’s Land gestiegen ist und mit beiden Füßen sich auf die alte feste Erde stellt — staunend, dass sie nicht schwankt.