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Regeln für Krankenpflege

5) Über die Krankenpflege ist Folgendes zu beachten:

a) Das Krankenzimmer darf vor allem nicht feucht sein, denn wo die Wände dunsten, lässt sich keine gleichförmige Temperatur und keine reine Luft erhalten. Ist nur eine Wand der Krankenstube feucht, so hilft eine vorgemachte Papiertapete.

b) Muss man den Kranken in ein frisch getünchtes und geweißtes Zimmer bringen, so trockene man es dadurch, dass man eine Nacht lang einige Schüsseln mit ungelöschtem Kalk bei wohl verschlossenen Zugängen in die Stube setzt, wodurch die Feuchtigkeiten schnell angezogen werden. Den Tag darauf räuchere man das Zimmer mit salzsauren Dämpfen gut aus und offene nun auf einige Stunden die Fenster.

c) Das Krankenzimmer muss auf zweckmäßige Art erwärmt werden; denn es gibt selten eine Krankheit, die nicht dadurch verlängert oder verschlimmert würde, wenn hierin Versehen stattfinden. Bei allen entzündlichen Leiden muss das Krankenzimmer eine kühle Temperatur haben; bei allen Zufällen von gesunkenem Lebensprozesse sei sie wärmer.

d) Was die Beleuchtung anbetrifft, so sollte man Lichter wählen, die aus reinem, weißem Wachs gegossen und mit dünnen Dochten versehen sind; man stecke sie auf einen ganz niedrigen Leuchter und setze einen kleinen grünen Lichtschirm vor dieselben, damit die Augen der Kranken nicht zu sehr durch grelles Licht gereizt werden. Die Studierlampen mit runden Blechdeckeln schaden den Augen, indem sie kein gleichmäßiges Licht im Zimmer verbreiten. (S. Diät) Öldampf von Nachtlichtern ist schädlich; auch lasse man in einer niedrigen Stube nie mehrere Lichter brennen.

e) Beobachte man in allen Stücken die größte Reinlichkeit, dulde daher keine Kohlpfannen mit brennenden Kohlen, entferne nach jedesmaligem Gebrauch die Nachtgeschirre, die schmutzige Wäsche, halte die Bettlaken immer rein und trocken, lüfte täglich einigemal das Krankenzimmer, während der Kranke aus dem Bett genommen und in ein anderes anstoßendes Gemach gebracht und daselbst in einen Lehnstuhl gesetzt worden ist.

f) Höchst wichtig ist auch bei der Krankenpflege der Umstand, dass man zur Zeit, wo das Bett des Kranken frisch aufgemacht wird, denselben in ein anderes, schon gemachtes Bett legt, zumal wenn er an einem hohen Grad von Schwäche in Folge von hektischem Fieber, Nerven- und Faulfieber leidet. In diesem zweiten Bett muss er mehrere Stunden ruhig liegen bleiben, bis er sich gehörig ausgeruht hat, und dann erst muss er wieder in das andere Bett gebracht werden. Diese abwechselnde Lage in zwei gut aufgemachten Betten, ein- bis zweimal binnen 24 Stunden ist für ihn höchst wohltätig.

g) In entzündlichen Krankheiten liege der Patient auf einer Matratze und nur unter einer Decke; wo aber Mangel an Lebensenergie, Krankheiten mit wahrer Schwäche, mit Kälte der Glieder, Ohnmachten, Gesichtsblässe, Frösteln, oder rheumatische Leiden in Folge unterdrückter Hautausdünstung stattfinden, da sind warme Betten nötig. Ein gutes Krankenbette darf nicht leicht einzudrücken sein und nicht zu viel Hitze machen.

h) Sehr viel hängt auch von der Lage des Kranken ab. Wer an der Bräune, an der Auszehrung, an der Bauch- und Brustwassersucht, an Leberverhärtungen leidet, Bluthusten, Erbrechen u. s. f. zu besorgen sind, oder eine Kopfverletzung hat, wegen eines Anfalls vom Schlagfluss, oder am hitzigen Fieber mit Phantasien erkrankte, Disposition zum Alp fühlt, von Kopfschmerzen, Augen- und Ohrenentzündungen befallen wird, gewaltsam verunglückt ist, ohne Blut verloren zu haben, muss hoch liegen.

Dagegen ist die flache Körperlage, das Tiefliegen mit dem Kopf bei allen Krankheiten zu empfehlen, die, ohne örtliche Leiden, mehr aus Schwäche und Blutmangel, oder wegen einer schlechten Mischung der Säfte fortdauern, und in welchen das Ansehen blass, der Puls schwach, der Atem ruhig ist.

Wo bei Kindern das Rückgrat auf einer Seite gekrümmt ist, hilft oft eine lange anhaltende horizontale Rückenlage, wobei das Bett nur aus einer Matratze bestehen darf. Eine Seitenlage nehme man bei Wunden und Geschwüren an, damit der Eiter Abfluss erhalte. Außerdem lege man sich bei örtlichen Leiden immer auf die Seite, welche am wenigsten Schmerz verursacht. Bei Leberleiden, Durchfällen und Ruhren liegt man auf der rechten Seite, bei Blähungen, Koliken, Verstopfung und Hämorrhoiden bekommt die Lage auf der linken Seite besser, desgleichen beim Alpdrücken, Herzklopfen, ängstlichen Träumen u. s. w. Geschwollene Arme und Füße dürfen nicht herabhängen, sondern müssen eine, gegen den Körper etwas erhöhte Lage bekommen.

5) Wichtig sind endlich noch einige allgemeine Regeln zum diätetischen und medizinischen Verhalten bei herrschenden ansteckenden Krankheiten. Die besten Mittel zur Verhütung der letzteren bestehen in der Vermeidung aller jener Dinge, welche als veranlassende oder gelegentliche Ursachen derselben zu betrachten sind; doch steht dieses nicht immer in unserer Gewalt, indem wir unter den kosmischen und tellurischen Einflüssen stehen, die unser Leben, Gesundheit und Krankheit bedingen, je nachdem sie auf uns einwirken und wir bald mehr, bald weniger gegen dieselben reagieren. Herrschen in einer oder der anderen Gegend ansteckende Krankheiten, so sind für Gesunde die besten Schutzmittel: frische Luft, tägliches Lüften der Wohn- und Schlafzimmer, die größte Reinlichkeit in Kleidung, Wäsche und Wohnung, tägliche Bewegung in freier Luft, regelmäßige Lebensart und Mäßigkeit im Essen und Trinken, Ordnung im Wachen und Schlafen, keine Nachtschwärmerei, Vermeidung schwächender Einflüsse durch häufigen Koitus, durch viele geistige Getränke, durch übermäßige Geistesanstrengung, Vermeidung aller Leidenschaften, besonders der Furcht, Vermeidung des Umgangs mit den schon angesteckten Kranken und solchen Dingen, welche den Krankheitsstoff weiter schleppen. Dahin gehören vorzüglich alle tierische Substanzen: Wolle, Seide, Haare, Federn, auch leinene Kleider, Wäsche, Betten.

Bekannt ist, dass Tiere Ansteckungsstoffe auf Menschen übertragen können, z. B. die Schmeißfliegen das Milzbrandgift, wenn sie sich auf dem daran krepierten Vieh aufgehalten haben.

Auch die von den Haustieren auf Menschen übertragbaren Krankheiten muss der Nichtarzt kennen, um sich vor Schaden zu hüten und den meist sehr lebensgefährlichen Zufällen, die auf solche Ansteckung folgen, zu entgehen. Diese Tierkrankheiten sind: Rotzkrankheit, Milzbrand (Rangkorn, Kropf, wildes Feuer), Maul- und Klauenseuche, Mauke, Räude, Hundswut. (S. Levin a. a. O.)

Übrigens vermeide man bei den herrschenden Seuchen unter Menschen und Vieh Alles, was Ansteckung befördern kann und sei daher vorsichtig, aber man fürchte sich nicht, sondern bedenke, dass nicht jede herrschende Krankheit ansteckend ist, dass nur solche Krankheiten anstecken, wobei sich ein tierisches Gift (Contagium) im Körper des Kranken entwickelt, sobald dieses Gift einem empfänglichen, gesunden Körper mitgeteilt wird. Ist keine Empfänglichkeit des Körpers für den Ansteckungsstoff da, so steckt selbst die Pest nicht an.

Man vermeide auch die Berührung mit den Leichen der an solchen Krankheiten verstorbenen Personen und Tiere, und man beerdige sie in der Stille und an einen abgelegenen Ort.

Alle schwächende Mittel: Aderlassen, Laxanzen u. s. w., welche manche Menschen aus Unwissenheit zur Verhütung ansteckender Krankheiten anwenden, sind schädlich und gefährlich, indem sie gerade dadurch, dass sie den Körper empfänglicher machen, die Ansteckung befördern. — So wie wir dadurch, dass wir uns täglich jeder Witterung exponieren, unseren Körper abhärten und unempfindlich machen können, so dass uns Wind und Wetter nie schaden oder Erkältungskrankheiten erregen, — eben so können wir uns auch durch Furchtlosigkeit, Phlegma und täglichen Umgang mit Kranken an Ansteckungsstoffe gewöhnen, so dass sie uns nicht schaden, indem unser Körper dagegen allmählich abgehärtet, auch selbst das eingeatmete Gift durch Schweiß und Urin wieder aus dem Körper geschieden wird.