Gefühlspolitik
Gefühlspolitik, nach Gombert ZfdW. 3, 176 ein bereits im Jahre 1814 geläufiges Schlagwort. Er belegt aus einer im Rheinischen Merkur veröffentlichten Mitteilung den Hinweis, „dass in diesem Augenblick keine Gefühls-Politik die neu entstehende Ordnung der Staatenverhältnisse gründen dürfe“, P. Pfizer, Vaterland (1845) S. 207 äußert sich über Gefühlspolitiker mit ähnlicher Ablehnung: „Gefühlspolitikern und Dilettanten dünkt nichts einfacher und natürlicher, als dass das zu vier Fünfteilen undeutsche Österreich deutsch und das konstitutionelle Haupt von Deutschland werde.“ Vgl. auch Bismarck an Leopold v. Gerlach am 2. Mai 1857: „In der Gefühlspolitik ist gar keine Reziprozität, sie ist eine ausschließlich preußische Eigentümlichkeit; jede andre Regierung nimmt lediglich ihre Interessen zum Maßstab ihrer Handlungen.“ Zumal die Zuckungen des persönlichen Hasses nennt Lassalle 2, 373 (1859) und 390 die gefährlichste Klippe einer prinzipienlosen „Gefühlspolitik“.
Den Gefühlsmenschen belegt Gombert seit 1818 aus Arndts „Geist der Zeit“ 4, 494: „Daß übrigens bei den Deutschen von jeher über dunkle Mystiker und umnebelte Gefühlsmenschen geklagt worden, mag das Volk sich eher zum Lobe als Tadel rechnen.“ Dazu z. B. noch Menzel, Deutsche Literatur 3, 203 (1836): „Wir waren immer Gefühlsmenschen.“ Zu den theologischen Stichworten Gefühlsglaube, Gefühlsreligion, Gefühlstheologe, Gefühlsgläubige — alles Ausdrücke, die für die von Jacob Spener und seiner Schule vertretene Reaktion gegen den Buchstabenglauben oder die Orthodoxie aufkamen und in Geltung blieben — vergl. Gombert, ZfdW. 7, 142, ferner Laube, Das neue Jahrh. 2, 98 ff. (1833) und die von Gombert, Festg. aus Menzels deutscher Literatur 1, 187 ff. und 210 ff. zitierten Belege.