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§ 16. Exkurs. Notwendiger Anfang wie der transzendentalen so auch der rein psychologischen Reflexion beim ego cogito

Das transzendentale ego cogito bezeichnet nach diesen Ausführungen in der Allgemeinheit seines Lebens eine offen unendliche Mannigfaltigkeit von einzelnen konkreten Erlebnissen, die nach ihren wechselnden Strukturen zu enthüllen und deskriptiv zu fassen einen ersten großen Aufgabenbereich bezeichnet; ebenso andererseits hinsichtlich ihrer Weisen der Verbindung, bis hinauf zur Einheit des konkreten Ego selbst. Dieses ist natürlich konkret nur in der offen endlosen Universalität seines verbunden-einheitlichen intentionalen Lebens und der in diesem als cogitata implizierten, ihrerseits zu ganzheitlichen Universalitäten vereinigten Korrelate, darunter die erscheinende Welt als solche. Das konkrete Ego selbst ist das universale Thema der Deskription. Oder deutlicher gesprochen: Ich, der meditierende Phänomenologe, stelle mir die universale Aufgabe der Enthüllung meiner selbst als transzendentales Ego in meiner vollen Konkretion, also mit allen darin beschlossenen intentionalen Korrelaten. Wie schon berührt, ist die Parallele dieser transzendentalen die psychologische Selbstenthüllung meiner selbst, nämlich der meines rein seelischen Seins in meinem Seelenleben. Dieses ist dabei in natürlicher Weise apperzipiert als Bestandstück meiner psycho-physischen (animalischen) Realität und so als Bestandstück der mir natürlich geltenden Welt.

Offenbar ist, wie für eine transzendental-deskriptive Egologie, so für eine (als psychologische Fundamentaldisziplin notwendig durchzuführende) reine Innenpsychologie, deskriptiv (und wirklich ganz ausschließlich) aus innerer Erfahrung geschöpft, kein anderer Anfang als der mit dem ego cogito. Bei dem Versagen aller neuzeitlichen Versuche, psychologische und philosophische Bewußtseinslehre zu unterscheiden, ist diese Bemerkung von größter Wichtigkeit. Es heißt sich also den Zugang zu beiden versperren, wenn man, von der noch allherrschenden Tradition des Sensualismus mißleitet, den Anfang mit einer Empfindungslehre macht. Darin liegt: Man deutet vorweg das Bewußtseinsleben in vermeintlicher Selbstverständlichkeit als eine Komplexion von Daten äußerer und (günstigstenfalls) auch innerer Sinnlichkeit, für deren Verbindung zu Ganzheiten man dann die Gestaltqualitäten sorgen läßt. Um den Atomismus abzutun, fügt man noch die Lehre bei, daß in diesen Daten die Gestalten notwendig fundiert, also die Ganzen den Teilen gegenüber das an sich Frühere sind. Aber die radikal anfangende deskriptive Bewußtseinslehre hat nicht solche Daten und Ganze vor sich, es sei denn als Vorurteile. Der Anfang ist die reine und sozusagen noch stumme Erfahrung, die nun erst zur reinen Aussprache ihres eigenen Sinnes zu bringen ist. Die wirklich erste Aussprache ist aber die Cartesianische des ego cogito, z.B.: Ich nehme wahr — dieses Haus wahr, ich erinnere mich — eines gewissen Straßenauflaufs usw.; und das erste Allgemeine der Beschreibung ist die Scheidung zwischen cogito und cogitatum qua cogitatum. In welchen Fällen und in welchen unterschiedenen Bedeutungen dann eventuell Empfindungsdaten rechtmäßig als Bestandstücke aufzuweisen sind, das ist ein spezielles Produkt einer enthüllenden und deskriptiven Arbeit — deren sich die traditionelle Bewußtseinslehre zu ihrem Schaden völlig enthoben hat. Vermöge ihrer Unklarheit über das Prinzipielle der Methode ging ihr die ungeheure Thematik der Deskription der cogitata qua cogitata ganz verloren, aber auch der eigentliche Sinn und die besonderen Aufgaben der cogitationes selbst als Bewußtseinsweisen.