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Völkerrecht

Völkerrecht. „So wie allseitige Gewalttätigkeit und daraus entspringende Not endlich ein Volk zur Entschließung bringen mußte, sich dem Zwange, den ihm die Vernunft selbst als Mittel vorschreibt, nämlich dem öffentlichen Gesetze zu unterwerfen und in eine staatsbürgerliche Verfassung zu treten: so muß auch die Not aus den beständigen Kriegen, in welchen wiederum Staaten einander zu schmälern oder zu unterjochen suchen, sie zuletzt dahin bringen, selbst wider Willen, entweder in eine weltbürgerliche Verfassung zu treten; oder ist ein solcher Zustand eines allgemeinen Friedens (wie es mit übergroßen Staaten wohl auch mehrmalen gegangen ist) auf einer anderen Seite der Freiheit noch gefährlicher, indem er den schrecklichsten Despotismus herbeiführt, so muß sie diese Not doch zu einem Zustande zwingen, der zwar kein weltbürgerliches gemeines Wesen unter einem Oberhaupt, aber doch ein rechtlicher Zustand der Föderation nach einem gemeinschaftlich verabredeten Völkerrecht ist“, Theor. Prax. III (VI 110). „Die menschliche Natur erscheint nirgend weniger liebenswürdig, als im Verhältnisse ganzer Völker gegeneinander. Kein Staat ist gegen den andern wegen seiner Selbständigkeit oder seines Eigentums einen Augenblick gesichert. Der Wille, einander zu unterjochen oder an dem Seinen zu schmälern, ist jederzeit da; und die Rüstung zur Verteidigung, die den Frieden oft noch drückender und für die innere Wohlfahrt zerstörender macht, als selbst den Krieg, darf nie nachlassen. Nun ist hierwider kein anderes Mittel, als ein auf öffentliche mit Macht begleitete Gesetze, denen sich jeder Staat unterwerfen müßte, gegründetes Völkerrecht ... möglich“, ibid. (VI 112).

„Das Völkerrecht soll auf einen Föderalism freier Staaten gegründet sein.“ „Völker als Staaten können wie einzelne Menschen beurteilt werden, die sich in ihrem Naturzustande (d. i. in der Unabhängigkeit von äußeren Gesetzen) schon durch ihr Nebeneinandersein lädieren, und deren jeder um seiner Sicherheit willen von dem andern fordern kann und soll, mit ihm in eine der bürgerlichen ähnliche Verfassung zu treten, wo jedem sein Recht gesichert werden kann. Dies wäre ein Völkerbund, der aber gleichwohl kein Völkerstaat sein müßte“, Z. ew. Fried. 2. Abs. 2. Definitivartikel (VI 130 f.). An die Stelle der „positiven Idee einer Weltrepublik“ kann nur „das negative Surrogat eines den Krieg abwehrenden, bestehenden und sich immer ausbreitenden Bundes den Strom der rechtscheuenden, feindseligen Neigung aufhalten, doch mit beständiger Gefahr ihres Ausbruchs“, ibid. (VI 134 f.). „Das Recht der Staaten in Verhältnis zueinander (welches nicht ganz richtig im Deutschen das Völkerrecht genannt wird, sondern vielmehr das Staatenrecht [ius publicum civitatum] heißen sollte) ist nun dasjenige, was wir unter dem Namen des Völkerrechts zu betrachten haben: wo ein Staat, als eine moralische Person gegen einen andern im Zustande der natürlichen Freiheit, folglich auch dem des beständigen Krieges betrachtet, teils das Recht zum Kriege, teils das im Kriege, teils das, einander zu nötigen, aus diesem Kriegszustande herauszugehen, mithin eine den beharrlichen Frieden gründende Verfassung, d. i. das Recht nach dem Kriege zur Aufgabe macht“ ..., MSR § 53 (III 172 f.). „Die Elemente des Völkerrechts sind: 1. daß Staaten, im äußeren Verhältnisse gegeneinander betrachtet (wie gesetzlose Wilde), von Natur in einem nicht-rechtlichen Zustande sind; 2. daß dieser Zustand ein Zustand des Krieges (des Rechts des Stärkeren), wenngleich nicht wirklicher Krieg und immerwährende wirkliche Befehdung (Hostilität) ist, welche (indem sie es beide nicht besser haben wollen), obzwar dadurch keinem von dem anderen unrecht geschieht, doch an sich selbst im höchsten Grade unrecht ist, und aus welchem die Staaten, welche einander benachbart sind, auszugehen verbunden sind; 3. daß ein Völkerbund, nach der Idee eines ursprünglichen gesellschaftlichen Vertrages, notwendig ist, sich zwar einander nicht in die einheimischen Mißhelligkeiten derselben zu mischen, aber doch gegen Angriffe der äußeren Feinde zu schützen; 4. daß die Verbindung doch keine souveräne Gewalt (wie in einer bürgerlichen Verfassung), sondern nur eine Genossenschaft (Föderalität) enthalten müsse“, ibid. § 54 (III 173 f.). Vgl. Krieg, Frieden, Völkerbund, Geschichte, Staatsverfassung.