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VII. Gedächtnis

Hobbes, der mit seinen Freunden Gassendi und Mersenne von der Notwendigkeit einer nominalistischen, d. h. materialistischen Psychologie überzeugt war, hat bei Gelegenheit einer mechanischen Erklärung der Sinnesempfindungen eine Bemerkung von erstaunlicher Tragweite gemacht; er hat entdeckt, daß auch zur einfachsten Sinneswahrnehmung Gedächtnis mithelfen müsse. Ohne Gedächtnis könnte nicht einmal der Tastsinn etwas wahrnehmen. "Das Rauhe und Glatte, wie Größe und Figur werden nicht durch den Tastsinn allein, sondern auch durch das Gedächtnis empfunden; denn obgleich manche Dinge in einem Punkte getastet werden, kann man doch jene nicht empfinden, ohne den Fluß eines Punktes, d. h. ohne Zeit; Zeit aber zu empfinden, dazu bedarf es des Gedächtnisses."

Noch eindringlicher scheint mir ein vergessener Scherz Voltaires, "Aventure de la Mémoire." "Les hommes avaient blasphémé la mémoire (nämlich Mnémosyne, die Mutter der Musen); les Muses leur ôtèrent ce don des dieux, afin qu'ils apprissent une bonne fois ce qu'on est sans son secours." Die Menschen ohne Gedächtnis werden blödsinnig. "Ressouvenez-vous que sans les sens il n'y a point de mémoire, et que sans la mémoire il n'y a point d'esprit." Man bemerkt, wie da griechische Mythologie in die französische Grazie hineinspielt.