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Hofdemagoge

Hofdemagoge belegt Büchmann S. 271 zuerst aus einem Gedicht Ludwig Roberts (1824):

"Hof-Demagogen sind Männchen,
Die allem Volke den Hof machen,
Und bei jeder Gelegenheit,
Für mäßigen preis,
Was preußisch ist, preisen.“

Damit wird scharf der echte, für seine Vaterstadt ehrlich begeisterte Berliner kontrastiert. Vgl. aber zur Herkunft des Ausdrucks auch Varnhagen, Denkw. 5, 327: „Wenn, wie behauptet wird, das große, treffende und zu verdienter Zelebrität gekommene Witzwort vom Hofdemagogen ursprünglich Heine’n angehört, so dürfte die Spitze dieses eindringlichen Wortes rückwärts gebogen nun fast ihn selbst verwunden, indem man ihn, seiner Art und seiner Wirkung nach, allenfalls einen Salonrevolutionär nennen könnte.“ Beachtlich ist die Anspielung bei Gaudy 21, 27 (1836): „Schon begann ich der Vermutung Raum zu geben, dass Pasquino den Mantel nach dem Winde hängend, jetzt als privilegierter Hof-Demagog temporisiere". Siehe ferner Prutz, Politische Wochenstube (1843) S. 31.

In die zweifelhafte Ehre dieses Spitznamens teilen sich Heinrich Luden, über den nach Gomberts Angabe ZfdW. 3, 179 Schütz, Rasierspiegel für die deutschen Univ. (1830) S. 199 bemerkt: „Luden hat fortwährend eine so entschiedene Veränderung seiner politischen Gesinnungen gezeigt, dass man ihm allgemein den Namen des Weimarischen Hofdemagogen gegeben hat", weiter der Dichter und preußische Hofrat Friedrich Förster, gegen den eine boshafte Stelle in Gruppes satirischem Zauberspiel „Die Winde“ usw. (1832) S. 105 stichelt, wo der Förster mit kritischer Miene sein Weidmesser wetzt, den Shakespeare aus der Tasche nimmt und in Gedanken für sich spricht:

"Den Cäsar — ei wie wär’s, wenn ich
Ihn welthistorisch gleich kastrierte
Nach unsres Meisters Rat — und mich
Anbei hofdemagogisiere?

Auch Dingelstedt wurde als Hofdemagoge verhöhnt. Siehe Hallische Jahrbücher 1838, 210. Von Alex. v. Humboldt wird dasselbe behauptet. Heine selbst wurde 1831 Salondemagoge genannt (Büchmann a. a. D.), und von Hegel erwähnt Lagarde S. 421 „den ihm verliehenen Kosenamen Staatsdemagoge“, der sich mit dem von Börne 11, 14 ironisch ausgedeuteten „Königl. Preußischen Hofphilosophen“ berührt.

Eine weitere Parallele führt Bismarck, polit. Reden 1, 135 (1849) an: „Mir liegt ein Grund der Zögerung der Gesetzgebung viel näher — es ist das, was man den Geheimratsliberalismus nennt, der manchem hohen Staatsbeamten früherer Zeit den Namen eines Königlich Preußischen Hofjacobiners zugezogen hat.“