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Wellenbad

Wellenbad, Flusswellenbad. Dieses treffliche Surrogat des Seebades, welches man an verschiedenen neu angelegten Kaltwasserheilanstalten im Thüringer Walde, zu Elgersburg, Ilmenau u. s. w. vorfindet, kann in vielen Fällen noch da angewandt und mit Nutzen gebraucht werden, wo bei Kranken wegen Schwäche die Seebäder nicht indiziert sind. Es wurde das Flusswellenbad zuerst öffentlich vom Dr. Basedow in Merseburg beschrieben und durch Debatten: „über die Prävalenz des Seebades, je nach der Stärke des Wellenschlages“ vor einigen Jahren vom Salinebeamten in dem Solbadeort Kösen (eine halbe Stunde von Merseburg) an Mühlenrädern ins Leben gerufen, und hatte bald bei Mühlenbesitzern in den benachbarten Städten Erfurt, Leipzig und Halle Nachahmung gefunden (s. Berliner med. Zentralzeitung 1839. St. 2). Überall wird es eben so sehr von Ärzten empfohlen, als vom Publikum gern benutzt. In Ilmenau ist dazu noch passender ein künstlicher Wasserfall des Ilmflusses benutzt (ein stärkerer für die Herren und ein schwächerer für die Damen), wo sich die Wassermasse durch einen Lattenverschlag, gleichsam wellenartig strömend und tobend, in den geräumigen Badekasten drängt, von wo aus man sie nach Belieben wieder ablaufen lässt. Oberhalb des Kastens ist eine kleine Dusche und auch eine Brause angebracht, die man nach Willkür in Tätigkeit setzt und mit welchen auch der Badende gewöhnlich beim Eintritte empfangen wird, um sein Portiönchen Grausen überwinden zu lernen. Der Badende ist hier einem stärkern Wasserdruck ausgesetzt, hat sich anzustrengen, selbst noch bei einer Unterstützung mit Handhaben das Gleichgewicht seines Körpers zu erhalten, Indem er so dem duscheartigen Einschlagen der Wellen verschiedene Körperseiten aussetzt. Die Begründung dieses ungemein erkräftigenden Wellenbades an allen Orten, wo dies nur immerhin möglich ist, wünschen wir im Interesse der leidenden Menschheit von ganzem Herzen; denn es hat bei dem großen Heer atonischer Krankheiten durch seinen Wellenschlag und den dadurch gesteigerten Hautreiz eine weit mächtigere Wirkung, als das gewöhnliche Flussbad. Mag es dahin gestellt sein, ob Friktionselektrizität in diesem sausenden Gemische von Luft und Wasser frei werde, oder nicht, so ist jedenfalls der Körper bei demselben einem ungleich stärkeren Druck, einer Art Kompression, einer Massierung durch die Wellen ausgesetzt, welche bei Allen momentanes Wärmegefühl und Turgeszenz der Haut, und selbst bei minder Zarthäutigen eine auffallende Rötung derselben zurücklässt. (Dass nicht allein Metalle, viele andere Mineralien: Topas, Flussspat, Glimmer, Quarz u. a. m. durch Druck und Wärme, sondern auch tierische Körper durch dieselben Einflüsse Elektrizität in nicht unbedeutendem Grade entwickeln, ist bekannt. S. Pouille’s Lehrb. d. Physik. Deutsch von J. Müller. Braunschw. 1843. Bd. 2. S. 427.) Nächstdem ist die Gymnastik, zu welcher das ganze Muskelsystem, vorzüglich aber der respiratorische Muskelapparat und die Lungen selbst auffordern, und wodurch eine merkwürdig heitere Stimmung sich des Badenden bemächtigt, hier in Anschlag zu bringen. Nach fünf bis sieben Minuten langem Aufenthalt verlässt man gewöhnlich (in Ilmenau) das Badebehältnis, um in dem angrenzenden Zimmer mit Hilfe des Badedieners sich schnell anzukleiden und in Bewegung zu kommen; denn das darauf eintretende Frösteln und Zähneklappern ist so stark, dass mit ihm jenes nach der Dusche hinsichtlich der Intensität gar keinen Vergleich aushält. Ein Viertelstündchen anhaltende Bewegung führt aber wieder zur besten Behaglichkeit, und wenn die Mittagsstunde heranrückt, auch zum besten Appetit; denn der Verdauungsprozess wird durch die fortdauernde Bewegung und den steten Genuss des kalten Wassers ungemein betätigt und bekräftigt; auch müssen die Stoffe, welche durch das täglich stundenlange Schwitzen ausscheiden, ersetzt werden (s. Meine Abhandlung über Flusswellenbäder im Schweriner Abendblatt. Nr. 1093. Jahrg. 1939).