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Bäder

H. Das elektrische Bad

Das elektrische Bad. Es besteht darin, dass man den Kranken aufs Isolatorium stellt, oder einen Stahl, ein Bett, bestimmt zu seinem Ausruhen, durch dicke Glasgefäße isoliert und ihn dann mit dem Konduktor einer in Tätigkeit befindlichen Elektrisiermaschine durch einen Draht oder eine silberne oder goldene Tresse in Verbindung setzt. Ein nicht mit isolierter Mensch zieht nun durch einen Ableiter mit Glasstiel (nicht mit den Fingern, weil dadurch Krankheitsstoffe übertragen werden können) aus dem Körper des Kranken kleine elektrische Funken, z. B. bei Lähmungen aus den gelähmten Teilen, bei Epilepsie, Veitstanz, Hysterie, Migräne aus der Nackengrube und längs der Wirbelsäule.

Ist das elektrische Bad zwei bis vier Wochen täglich eine halbe bis anderthalb Stunden gebraucht worden, so kann man elektrische Schläge aus kleinen und später größeren Leidener Flaschen nehmen lassen. — Es erfordert das Mittel aber Vorsicht. Recht vollsaftige jugendliche Personen eignen sich nicht dazu. Bei chronischen Gliederreißen stellt man den Kranken so lange in’s elektrische Bad, bis er schwitzt. Alsdann muss er im Bett Fliedertee trinken und tüchtig nachschwitzen. Später passen Buschs elektrische Bürste und solches Bügeleisen. (S. Hufelands Journal 1832, Juli). — Bei rheumatischem Zahnweh zieht man am besten aus der leidenden Wange Funken mittelst einer Blechplatte durch Flanell. — Um die krankhaft unterdrückten Regeln (Menstruatio suppressa) wieder hervorzurufen, ist die Elektrizität höchst wirksam. Man beginnt mit dem elektrischen Bad, wobei man auf die Gegend unter dem Nabel Funken durch Flanell mit dem Bügeleisen auszieht, in hartnäckigen Fällen auch späterhin sechs bis acht gelinde elektrische Schläge durchs große Becken erteilt. Bei halbseitigem Kopfschmerz (Migräne, der oft rheumatischen Ursprungs ist, bedeckt man die Stelle mit Flanell und zieht mit dem Bügeleisen Funken heraus. Gegen Verdauungsbeschwerden, chronische Hartleibigkeit und Vapeurs der Hysterischen und Hypochonder isoliere man den Kranken, bedecke den Unterleib mit Flanell und bestreiche ihn täglich eine Viertelstunde lang mit dem Bügeleisen, setze auch diese Kur vier bis sechs Wochen lang fort. — Gegen Band- und Spulwürmer habe ich gelinde elektrische Schläge durch den Unterleib nützlich gefunden.

Der große Nutzen des medizinischen Gebrauchs der Elektrizität wird wohl von keinem Arzt bezweifelt, doch macht man von dem Mittel in Deutschland viel weniger Gebrauch, als in Frankreich und England. — In Paris befindet sich ein großes medico-elektrisches. Institut unter der Leitung des Herrn Le Molt. Die Elektrizität wird hier in vier verschiedenen Formen angewendet:

1) Friktionen mit einer elektrischen Bürste, — eine milde, sehr dienliche Form zu Anfange der Kur und für alte Fälle;

2) die Entziehung und Einblasung mittelst Federbüschen von verschiedener Grösse, oder mittelst Drahtbüscheln;

3) Funken, entweder aus dem Teile gezogen oder mitgeteilt;

4) Schläge oder Strömungen von einem Teile des Körpers zum andern. — Molt lobt die Elektrizität, sowie auch den Galvanismus (und ich kann nach eignen Erfahrungen dieses Lob vollkommen unterschreiben), bei verschiedenen paralytischen Schwächen als Folge von Hirn- und Rückenmarksfehlern, oder als Folge von Bleivergiftung, bei chronischem Rheumatismus, Neuralgie, Hysterie, Hypochondrie, Schwäche der Harnblase und der Genitalien. Gewagt ist es, elektrische Schläge durch den Kopf zu geben oder bei Schwangern durchs Becken; denn erstere verschlimmern oft die Kopfschmerzen und letztere begünstigen Abortus. (S. Journal des conaiss. medic. 1836 und Froriep’s Notizen 1837. Nr. 22).