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Bewegung

Unsere gegenwärtige Weltanschauung, mag sie sich nun Bewegung lieber Atomistik oder lieber Energetik nennen, muß zu der Vorstellung führen, dass alles Wirkliche, das heißt jede Erscheinung in unserem Bewußtsein an sich Bewegung sei, Bewegung im Räume. In Bewegung im Räume wird aufgelöst, was immer unsere Sinne uns über die Wirklichkeitswelt berichten, und in unserem Geistesleben ist nichts, als was die Sinne uns berichtet haben. Eine Idealsprache also, welche in keinem Punkte mit der gegenwärtigen Weltanschauung in Widerspruch geraten wollte, müßte in jede Aussage über die Wirklichkeit den Begriff der Bewegung als den Urbegriff der Wirklichkeit hineinlegen. Solche Gedanken waren noch vor wenigen Jahrhunderten nicht denkbar, waren noch vor wenigen Jahrzehnten seltene Phantasien, und da wäre es nicht wunderbar, wenn die alte Sprache noch mehr, als sie es tut, von der modernen Weltanschauung abwiche. Der Naturmensch kannte die Bewegung nur als eine makroskopische Erscheinung, sie wurde ihm nur für plumpe Bewegungen durch die Augen vermittelt; was die anderen Sinne darboten und selbst das Leuchten oder der farbige Schein des Gesichtssinns war im Gegensatze zur Bewegung ein Zustand der Ruhe. Da ist es nun seltsam genug, dass eine aufmerksame Untersuchung des Sprachmaterials zeigt, eine wie verhältnismäßig große Menge von Wurzelwörtern, das heißt von unerklärten Wörtern den Begriffen der Bewegung dient. Wir haben besondere Worte für die Bewegung der Lebewesen, für die Bewegung der Luft und des Wassers, wieder besondere Worte für die Bewegung der Vierfüßler, der Vögel, der Fische, besondere Worte für besondere zweckentsprechende Bewegungen der Menschen. Ohne Ahnung von den mechanischen Theorien der Gegenwart ist die Bewegung für die Sprache einer der reichsten Begriffe geworden.