Magus im Norden
Magus im Norden nannte 1762 Friedrich Karl von Moser mit schlagender Wendung den bizarren und orakelnden Schriftsteller Joh. Georg. Hamann, indem er ein „Treuherziges Schreiben eines Layen-Bruders im Reich an den Magum im Norden oder doch in Europa“ erließ (Ges. moral. und polit. Schr. 1, 503). Veranlassung zu diesem doppeldeutigen Ausdruck gab offenbar Hamann selbst, der im gleichen Jahre mehrfach mit dem Begriff gespielt hatte. So versichert er 2, 400 (1762): „Ich habe Betrachtungen gelesen, und liebe die Natur, unsere alte Großmutter, wie ein Magus", oder: „Ein Magus muss man sein, wenn man unsere schönen Geister lesen will.“ Auch veröffentlichte er 1762 eine Schrift unter dem Titel „Die Magi aus dem Morgenlande“. Deshalb bemerkt Moser 1, 510 ausdrücklich, er habe zuerst Hamann für einen Phantasien, dann für einen Mystiker gehalten und nach Lektüre dieser Publikation für einen Adepten. Hamann nahm das Epitheton sofort auf und bezeichnete sich nur zu gern damit, wie aus zahlreichen Stellen zu erweisen ist. Vgl. 4, 37 ff.
Andererseits überträgt er das Stichwort auch bereits aus Herder, den er 4, 70 (1772) als „Magus in Europa“ rühmt und 71 mit folgendem Zuruf begrüßt: „Ihm, dem würdigsten aller meiner Freunde … in Norden und Deutschland … meinem Freund Herder, dem würdigsten aller meiner Freunde in Norden und Deutschland, vermache ich meine Freude und meine Krone.“
Dann schrieb Wieland 32, 543 (1799) in seiner Besprechung von Herders Metakritik im Deutschen Merkur über Kant: „Aber der philosophische Zauberpalast, den der große Magus aus Norden "ex mê phainomenôn“ hervorgehen hieß, ist seiner inneren Beschaffenheit und seinem Zwecke nach von ganz anderer Importanz“ als die durchschnittlichen metaphysischen Hypothesengebäude.
Entsprechend wurde Kreuzer nach Treitschke, Deutsche Gesch. 2, 91 der „Magus des Südens“ genannt und Rich. Wagner nach Tappert S. 49 von Speidel im Jahre 1878 als Magus von Bayreuth verhöhnt.