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Krawall

Krawall taucht seit 1830 als Stichwort für einen lärmenden Volksauflauf wohl zuerst in Mitteldeutschland, angeblich in Hanau, auf und verbreitet sich durch die Zeitungen rasch weiter. Auch ins Schwedische geht dieser Ausdruck nach Hildebrands Angabe im DWb. im politischen Sinne über.

Doch verwendet ihn schon Herm. Kurz 12, 24 (1836) in übertragener Bedeutung: Menschliche Natur und Weltorganismus zeigten verwandte Prozesse. „Wie nun dieser Momente hat, wo er in eine völlige Desorganisation und Erschlaffung gesunken ist … und sich nur durch eine gewaltsame Revolution, das heißt, durch die purifizierende Kraftäußerung eines tüchtigen Donnerwetters zu helfen vermag, so kommen auch für die menschliche Natur Epochen, wo sie von dem Staub und der Hitze dieses Erdenlebens so sehr übermannt und darniedergedrückt ist, dass sie, um wieder zu ihrer alten Spannkraft zu gelangen, notwendig eines kleinen Krawalls bedarf. Derselbe Fall tritt oft im Völkerleben ein … Ein solcher Krawall ist auch der Rausch.“

Je nach dem Zweck der Tumulte ging das Wort die verschiedensten Zusammensetzungen ein. Wie begreiflich wurde es namentlich in den unruhigen Jahren 1848 und 1849 mit frischem Eifer auf das Tapet gebracht. Siehe z. B. außer den Belegen im DWb. und bei Sanders, Fremdw. 1, 717 noch:

„Straßenkrawall“ in den Grenzb. 1844, 1. Sem. S. 826 oder „Hungerkrawall“ des Stuttgarter Pöbels im Mai 1847 bei Treitschte, Deutsche Gesch. 5, 675 ferner „Arbeiter-Krawall“ bei Hebbel 10, 118 (Aug. 1848) und „Reichskravaller“ im Volksbl. 1848, 1575. Vgl. auch Heine 7, 407: „Es ist charakteristisch für den Hamburger Judenkrawall (im Sept. 1830), dass die Revolutionäre erst ihr Tagesgeschäft vollendeten und eine Abendrevolution machten.“

Dem Schlagwort ist allmählich seine Kraft ganz beträchtlich entschwunden, so dass es auch für ganz harmlosen Kinderlärm gebraucht wird. Wie vermutet wird, hängt es zusammen mit einer Nebenform von frz. charivari — Katzenmusik, Straßenaufruhr. So ist charivalli, charavallium bereits seit dem 14. Jahrhundert zu belegen.