Noten. (Musik) Sind willkürliche Zeichen, wodurch die ein Tonstück ausmachende Reihe der Töne, nach eines jeden Höhe und Tiefe sowohl als nach seiner Dauer angedeutet wird. Sie sind für den Gesang, was die Buchstaben für die Rede. Ehe für diese beiden Sprachen die Zeichen erfunden worden, konnte weder der Gesang noch Rede geschrieben werden und man musste sie durch wiederholtes Hören dem Gedächtnis einprägen, um sie zu wiederholen. Durch Erfindung der Noten wird der Gesang mit eben der Leichtigkeit aufgeschrieben und anderen mitgeteilt als die Rede durch Schrift.
Nach einer sehr gewöhnlichen Namensverwechslung versteht man gar oft durch das Wort Note den Ton selbst, den sie anzeigt; eine durchgehende Note, will sagen ein durchgehender Ton; jede Note richtig angeben, heißt jeden Ton richtig vorbringen.
Die Griechen und nach ihnen die Römer bezeichneten die Töne durch Buchstaben des Alphabets, die sie, weil bei ihrer Musik immer ein Text zum Grund lag, über die Silben des Textes setzten. Diese Noten zeigten nur die Höhe die Töne; ihre Dauer wurde durch die Länge und Kürze der Silben über welchen sie geschrieben waren, bestimmt. Wer etwas umständlich zu wissen verlangt, wie die Alten alles, was zum Gesange gehört, durch solche Buchstaben angezeigt haben, der findet, wenn er nicht an die Quellen selbst gehen will, eine hinlängliche Erläuterung hierüber in Rousseaus Wörterbuche.1 Wir wollen nur eine einzige kleine Probe hierher setzen. Mehrere Arten die Noten auf oder neben die Silben zu schreiben, findet man beim Pater Martini.2
Erst in dem eilften Jahrhundert der christlichen Zeitrechnung wurde der Grund zu den jetzt gewöhnlichen Noten gelegt, da der Benediktiner Mönch Guido aus Arezzo anstatt der Buchstaben auf verschiedene parallel in die quer gezogene Linien bloße Punkte setzte; jeder Punkt deutete einen Ton an und die Höhe der Linie, worauf er stand, zeigte die Höhe des Tones im System an. Aber noch war kein Unterschied der Punkte um die Dauer oder Geltung der Note anzuzeigen. Allgemein schreibt man einem Parisischen Doktor und Chorherren Johann von Muris die Verbesserung der Aretinischen Noten zu, wodurch sie danach allmählich ihre gegenwärtige Einrichtung bekommen haben. Dieser Doktor setzte, um nicht so viel Linien über einander nötig zu haben als Töne im System sind, auch zwischen die Linien Noten, wie noch gegenwärtig geschieht; ferner setzte er anstatt der Punkte kleine Noten, die er verschiedentlich anders gestaltete, um dadurch die verschiedene Länge und Kürze jedes Tones anzuzeigen; auch soll er einige Zeichen zur Andeutung der schnellen oder langsamen Bewegung des Gesangs erfunden haben. Man findet diese Noten noch in allen Kirchenbüchern, die zweihundert Jahr und mehr alt sind; wir halten es aber der Mühe nicht wert, die Sache umständlicher zu beschreiben.
Die Verbesserungen die von Zeit zu Zeit mit den Noten gemacht worden, bis sie die jetzt gebräuchliche Form bekommen haben, sind, so viel ich weiß, noch von Niemand, nach der Ordnung der Zeit, da jede Veränderung aufgekommen ist, beschrieben worden.
Damit diejenigen, welche der Musik unerfahren und doch begierig sind zu wissen, wie die unartikulierte Sprache der Leidenschaften kann aufgeschrieben werden, einigen Begriff von dieser merkwürdigen Erfindung bekommen können, wollen wir ihnen folgende Aüfklärung hierüber geben.
Zuerst muss man merken, dass alle zum Gesang oder für Instrumente brauchbare Töne, vom Tiefsten bis zum Höchsten in Ansehung der Höhe in fünf verschiedene Klassen, die man Hauptstimmen nennt, eingeteilt werden. Diese Hauptstimmen heißen von der tiefsten bis zur höchsten, der Contrabass, der Bass, der Tenor, der Alt und der Diskant. Jede dieser Hauptstimmen begreift zwölf, bis sechszehn und mehr Töne, deren jeder von dem nächsten um einen halben Ton, in der Höhe oder Tiefe absteht,3 und den man durch einen größeren oder kleineren Buchstaben des Alphabets, dem bisweilen noch ein anderes Zeichen hinzugefügt wird, bezeichnet. So werden die Töne des Basses durch die Buchstaben C, , D, oder C, Cis, D, Dis u.s.w. die Töne des Tenors durch c, cis, d u.s.w. noch ohne Noten bezeichnet.
Wenn man nun eine Stimme eines Tonstücks schreiben will, so zieht man fünf parallel laufende gerade Linien also: diese werden ein Notensystem genannt: Will man mehrere zum Tonstück gehörige Stimmen zugleich schreiben, so ziehet man so viel Notensysteme als Stimmen sind, in mäßiger Entfernung unter einander und verbindet sie durch einen am Anfang herunterlaufenden Strich, der im französischen Accolade genannt wird, um anzuzeigen, dass die Töne aller dieser Notensysteme zusammen gehören; z.B. zu drei Stimmen die zugleich gespielt werden, gehören drei verbundene Systeme. Nun muss man auch wissen, zu welcher Stimme jedes System gehöre. Dieses wird durch ein besonderes, im Anfang des Systems angebrachtes Zeichen, welches man den Schlüßel nennt, angedeutet. Diese Zeichen sind für einerlei Stimme oft verschieden4; hier sind nur zum Beispiel drei angedeutet, davon das auf dem untersten System den Bass, das auf dem mittlern den Alt und das auf dem obersten den Diskant bezeichnet. Jeder dieser Schlüssel hat seinen Namen von einem Ton der Stimme; der Bassschlüssel trägt den Namen F, die beiden anderen, den Namen C; ein anderer wird G Schlüssel genannt.
Diese Schlüssel zeigen auch zugleich an, dass von der Linie an, auf welcher sie stehen, die Noten dieser Stimme herauf und herunter so müssen verstanden werden, dass die, welche auf der Linie des Schlüssels (F) steht, den mit dem Namen des Schlüssels bezeichneten Ton andeutet, der darüber oder darunter befindliche Raum zeigt den Ton G oder E an u.s.w. Also bezeichnen die auf dem untersten System hier geschrie benen Noten, so wie sie folgen, die Töne F, E, D, G, A der Bassstimme; die auf dem mittlern System die Töne c, H, d der Altstimme und die auf dem obersten, die Töne der Diskantstimme, die um eine Oktave höher sind als die vorhergehenden. Da von den verschiedenen Tonarten, die meisten etliche eigene Töne haben, die in anderen Tonarten nicht vorkommen, folglich auf diesen fünf Linien und den vier Zwischenräumen viel mehr als neun Töne müssen können angedeutet werden, so können sowohl auf jede Linie als auf jeden Zwischenraum drei verschiedene Töne, die um einen halben Ton von einander abstehen, geschrieben werden. Dazu hat man noch die besonderen Zeichen und b, welche nach Erfordernis der Sache gleich hinter dem Schlüßel, auf oder zwischen die Linien, gesetzt werden. Dieses wird die Vorzeichnung genannt. Tritt aber eine Stimme über das Liniensystem herauf oder herunter, so werden für diese besondere Fälle, noch kleinere Linien gezogen, also: Durch diese verschiedene Mittel kann also jede Folge, der in der Musik brauchbaren Töne, nach der eigentlichen Höhe eines jeden deutlich angezeigt werden. Die Geltung der Noten aber oder die nach Maßge bung der geschwinden oder langsamen Bewegung des Stücks erfoderliche Dauer, wird durch die Form der Noten angedeutet. Nämlich nachdem ein Ton einen oder mehr ganze Takte oder nur einen halben, einen viertel, einen achtel, sechszehntel oder einen zwei und dreißigstel Takt dauren soll, bekommt sie eine andere Form. Ohne der ganz langen Noten von etlichen Takten, die nur in alten Kirchensachen vorkommen, zu gedenken, wollen wir nur die Üblichsten hersetzen.
Wird Brevis genannt und gilt 2 ganze Takte. – Semibrevis – – 1 Takt. oder Minima – – 1/2 Takt. oder Semiminima – – 1/4 Takt. oder Fusa, eingestrichene – 1/8 Takt. oder zweigestrichene – 1/16 Takt. oder dreigestrichene – 1/32 Takt.
Eine Note, die einen Punkt hinter sich hat, zeigt eine um die Hälfte längere Dauer an als ihre Geltung ohne diesen Punkt ist: so gilt 1/4 und noch 1/8 Takt. Noten von viel kleinerer Gestalt vor größere gesetzt, bedeuten Töne, die als Vorschläge dem eigentlichen Ton vorhergehen; wie
Der Takt selbst hat auch seine besondere Zeichen: so bedeutet das Anfangs des Systems stehende Zeichen den gemeinen geraden oder vierviertel Takt; den Allabreve Takt. Die übrigen Taktarten werden durch Zahlen, die hinter die Vorzeichnung gesetzt werden, angezeigt; als große3/2 3/4, 3/8, 6/8 und so fort. Die untere Zahl zeigt die Gattung der dem Stück gewöhnlichen Noten an, ob es Halbe, Viertel oder Achtel seien, die obere aber weiset, wie viel solcher Noten auf einen ganzen Takt gehen. Die langsamere oder geschwindere Bewegung aber wird durch übergeschriebene Worte angezeigt.5 Endlich werden auch fast alle Manieren, wodurch der Vortrag zierlicher oder nachdrücklicher wird; die Triller, Mordenten, Doppelschläge, das Schleifen oder Stoßen der Töne und dergleichen, jede durch ihr besonderes Zeichen ausgedrückt.
Hieraus ist klar, dass die jetzt üblichen Noten überaus bequem sind, jedes Tonstück beinahe nach seiner ganzen Beschaffenheit auszudrücken, so dass vielleicht auch künftig wenig daran wird verbessert oder vollständiger gemacht werden können. Rousseau findet zwar die ganze Methode zu notiren, zu weitläufig und schlägt eine andere in der Tat kürzere Art vor. Aber sie hat bei ihrer Kürze die Unvollkommenheit, dass sie bei weitem nicht so deutlich in die Augen fällt als die gebräuchliche und dass sie, besonders wo mehrere Stimmen über einander geschrieben werden, eine stärkere Anstrengung der Augen erforderte. Er hat sie an dem oben angezogenen Orte ausführlich beschrieben.
Es bleibt freilich sowohl über das genaueste Maß der Bewegung als über andere zum Vortrag notwendige Stücke, noch manches übrig, das weder durch diese noch andere Noten angezeigt werden kann, sondern bloß von dem Geschmack und der Kenntnis der Sänger und Spieler abhängt. Und wenn auch jede Kleinigkeit noch so bestimmt könnte in Noten angezeigt werden, so würde doch ohne guten Geschmack und große Kenntnis kein Stück vollkommen vorgetragen werden.
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1 Diktion. de Musique Art. Note.
2 Storia siella Mudca T. I. p. 178.
3 S. Halber Ton.
4 S. Schlüssel.
5 S. Bewegung.