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Moralische Gefühle und moralische Begriffe

34.

Moralische Gefühle und moralische Begriffe. — Ersichtlich werden moralische Gefühle so übertragen, dass die Kinder bei den Erwachsenen starke Neigungen und Abneigungen gegen bestimmte Handlungen wahrnehmen und dass sie als geborene Affen diese Neigungen und Abneigungen nachmachen; im späteren Leben, wo sie sich voll von diesen angelernten und wohl geübten Affekten finden, halten sie ein nachträgliches Warum, eine Art Begründung, dass jene Neigungen und Abneigungen berechtigt sind, für eine Sache des Anstandes. Diese „Begründungen“ aber haben weder mit der Herkunft, noch dem Grade des Gefühls bei ihnen Etwas zu tun: man findet sich eben nur mit der Regel ab, dass man als vernünftiges Wesen Gründe für sein Für und Wider haben müsse, und zwar angebbare und annehmbare Gründe. Insofern ist die Geschichte der moralischen Gefühle eine ganz andere, als die Geschichte der moralischen Begriffe. Erstere sind mächtig vor der Handlung, letztere namentlich nach der Handlung, angesichts der Nötigung, sich über sie auszusprechen.