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Kriegsfilme

Im Kriege sind viele Kriegsvorgänge von den Generalstäben gefilmt worden – auch, mit Lebensgefahr der Operateure: Nahkämpfe. Wo sind diese Filme –?

Sie sind in der Kriegszeit vorgeführt worden – freilich nur »im internen Kreis«, damit die Brotkarteninhaber das Durchhalten nicht verlernten. Jetzt, nach dem Kriege, sind manche Filme an eine Vaterländische Film-Gesellschaft m.b.H. abgegeben worden, die sie an den Verein für Deutschtum weitergegeben hat. Der hat sie, wiederum im geschloßnen Kreise, seinen Leuten vorgeführt – und dem hat man nun ein Ende gemacht. Das ist schade.

Die Filmstelle beim Reichsarchiv, wo so viel ehemalige Offiziere sitzen, die nie in ihrem Leben ein Archiv gesehen haben, bewahrt diese Filme auf – »ihre öffentliche Vorführung ist jedoch seit vielen Jahren durch Verfügung des Reichsinnenministers aus innenund außenpolitischen Gründen verboten«. Das ist sehr schade.

Denn die ganze Feigheit und Verlogenheit der Militärs ist darin: sie wagen nicht, diese viehischen Szenen vorzuführen, damit keiner, der sie nicht mitgemacht, erfahre, wie denn das ist: ein Krieg. Sie trauen sich nicht, einen Nahkampf mit verröchelnden, verzuckenden, zerrissenen Stümpfen laufen zu lassen, damit niemand sagen könne: Das ist der Krieg! Dem Volk muß die Religion erhalten bleiben. Und nur der Blinde ist selig, und das Bild von Sais war verschleiert.

Zu den unverzeihlichen Fehlern der Novemberverräter, die ach! leider so gar nichts und niemand verraten haben, gehört der, militärisches Material in großem Umfang liegengelassen zu haben. Die wenigen Versuche, die gemacht wurden, intime Briefwechsel, kaiserliche Depeschen, Akten des Militärkabinetts zu erfassen, wurden durch die Ordnungsmänner – wie Ebert und Heine – sofort im Keime erstickt. »Ebert«, erzählt einer, ders mit angesehen hat, »arbeitete vom ersten Tag an wie ein Regierungsrat«. Er dachte auch so. Und so blieb alles in den Händen der Hackepeter.

Das Reichsarchiv publiziert unermüdlich eine Publikation nach der andern für den Krieg – nicht eine dagegen. Wagts doch! Kommt heraus mit euern Abdeckerfilmen! Zeigt den Frauen, den Kindern, denen, die nicht dabei waren, wie gestorben wurde – wie das aussieht: ein Heldentod, wie das aussieht: das Feld der Ehre! Wagts doch!

Ihr wagts nicht. Ihr wißt genau, wie ich es weiß, wie wir alle es wissen: in ruhigem Zeiten, wo die Zeitung die Gehirne nicht mit dem Gas der Patriotenlüge umdämmert hat, liefe ein Schrei durch Deutschland, durch die Welt. Nie wieder Krieg? Nein:

Pfui Teufel!

Ignaz Wrobel
Die Weltbühne, 01.02.1927, Nr. 5, S. 195.