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Besondere Behandlung bei einzelnen Arten des Scheintodes

Besondere Behandlung bei einzelnen Arten des Scheintodes. Die gehörige Zeit und Reihefolge bei der Anwendung der verschiedenen Hilfsmittel ist von großer Wichtigkeit. Das erste Geschäft ist das Lufteinblasen und das Reiben. Das erstere geschieht, wie schon oben bemerkt wurde, am besten auf folgende Weise: Man bringt den Blasebalg, nachdem die Mündung des Rohrs mit einem weichen, nassen Läppchen umwickelt ist, in das eine Nasenloch, und bläst die Luft langsam aus, während ein Gehilfe das andere Nasenloch und den Mund zuhält, und den Kehlkopf mit Behutsamkeit etwas zurück, das heißt, nach innen drückt, damit die Luft nicht, statt in die Luftröhre, durch den Schlund in den Magen tritt und so nicht nur nicht nützlich, sondern nachteilig wirkt. — Hebt sich die Brust nicht, so ist Schleim oder ein sonstiges Hindernis hinten im Schlund, was die Luft nicht durchlässt. Man stecke dann einen kleinen, an einem Fischbeinstäbchen befestigten Schwamm tief in den Schlund und entferne das Hindernis. Hilft dies nicht, so hat der Kehldeckel die Stimmritze zu fest verschlossen. Man ziehe dann zur Lösung desselben einige Mal die Zunge hervor. Gelingt auch dies nicht, so muss der Wundarzt ein Röhrchen durch die Stimmritze in die Luftröhre schieben, oder den Luftröhrenschnitt machen. Ist kein Hindernis beim Einblasen vorhanden, so muss man jedesmal, wie schon oben erwähnt, nach dem Einblasen einen gelinden Druck auf den Unterleib des Scheintoten, von unten nach oben schiebend, anbringen, damit die Luft bei offenem Mund und Nasenloche wieder herausfährt.

Ist mit dem Lufteinblasen und Reiben eine volle Stunde fruchtlos, ohne Zeichen der Lebenswiederkehr, verflossen, so tritt nun der Zeitpunkt ein, wo Klistiere, Einspritzungen in den Magen, Niesmittel, Tropfbad, laues Bad, kalte Begießungen und Umschläge auf den Kopf, Bürsten der Fußsohlen und Kitzeln des Schlundes mit einer Feder nützlich sind. — Wird das Leben dadurch noch nicht hervorgerufen und sind anderthalb bis zwei Stunden mit den Versuchen fruchtlos verflossen, so wende man Folgendes, der Zeit nach, eins nach dem anderen an:

1) Peitschen des ganzen Körpers mit Brennnesseln.

2) Man steche mit Nadeln unter die Nägel der Hände und Füße.

3) Man tröpfle heißes Siegellack oder Pech auf einzelne Stellen der Haut.

4) Man setze große Schröpfköpfe auf Brust und Unterleib.

5) Man mache ein Tropfbad von kochendem Wasser auf die Brust.

6) Man wende vorsichtig den Galvanismus, am besten in Verbindung mit der Akupunktur an. Es sticht nämlich zwischen der siebenten und achten Rippe ein Sachverständiger eine Akupunkturnadel einen halben Zoll tief ein, befestigt diese an einen feinen Draht, welcher mit dem einen Pole einer 10—15—30 Doppelplatten starken wirksamen Voltasäule in Verbindung steht, während mit dem Konduktor des anderen Pols die vorher frottierte Gegend des Halses, der zweiten Rippe, des Rückens, die Fußsohlen, die Gehörgänge, die Zungenspitze u. s. w. abwechselnd berührt und so Erschütterungen erregt werden.

7) Man brenne die Fußsohlen mit glühendem Eisen. Aber auch dann noch muss das Lufteinblasen mit kleinen Unterbrechungen fortgesetzt werden, und man muss mit diesen Belebungsversuchen ohne Rast vier bis sechs Stunden lang fortfahren. Dann kann man eine kleine Pause machen und den Scheintoten zuletzt in ein Bad von warmem Sand oder warmer Asche legen.