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6) Scheintod durchs Ertrinken

6) Scheintod durchs Ertrinken. Die Benennung ist falsch, sie entstand aus der unrichtigen alten Meinung, dass der Mensch viel Wasser verschlucke. Die Meinungen, wie hier der Tod entsteht, sind verschieden. Manche glauben, das Wasser dränge in die Luftröhre und mache so Erstickung; indessen finden wir in den Luftwegen nicht viel Wasser, und was wir darin finden, scheint erst nach dem Tode hineingekommen zu sein. Andere meinten, die Erstickung erfolge dadurch, dass ein heftiger Krampf die Stimmritze verschlösse; aber die Luft ist schon durch das Wasser abgehalten; auch zeigt die Sektion nicht immer eine verschlossene Stimmritze. Noch Andere meinten, die Portion Luft, welche die Menschen mit ins Wasser nehmen, würde durch die Wärme so ausgedehnt, dass die Lungenbläschen zerrissen; diese hypothetische Ansicht wird durch die Sektion widerlegt. Viele sind der Meinung, dass der Tod stets durch Schlagfluss entstehe, indem alles Blut durch den Druck des Wassers nach innen gedrängt würde; dies finden wir aber nicht immer. Die häufigste Ursache des Todes ist gewiss die aufhörende Oxydation des Körpers wegen des Luftmangels; daher denn das Herz die Kraft verliert, das Blut fortzutreiben. Doch sterben gewiss manche ins Wasser Gefallene auch durch Schreck, durch die Kälte oder durch mechanische Verletzung, z. B. bei Mühlenrädern.

Behandlung. Ist der Mensch mit Vorsicht aus dem Wasser gefischt und hat man sich überzeugt, dass nicht schon Fäulnis da ist, so stelle man ihn ja nicht, wie das bei unseren Landleuten leider noch üblich ist, auf den Kopf, sonst kann er den Schlagfluss bekommen; man beuge ihn nur etwas vorwärts und visitiere den Rachen. Die Rettung beruhet hier wieder auf Anschaffung von Sauerstoff, und, da die Menschen meist in kaltem Wasser gelegen haben, auf Erwärmung. Man behandele den Ertrunkenen daher nach den angegebenen allgemeinen Regeln bei Scheintoten (s. oben S. 697 ff.). — Mit dem Aderlassen sei man ja nicht voreilig, in den meisten Fällen schadet es, und unter 100 Ertrunkenen finden sich kaum fünf, wo es nützt. In mehreren Fällen half die Akupunktur mit Galvanismus (s. eben S. 699 ff.). —