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Ultramontan

Ultramontan ist als geographischer und kirchenpolitischer Ausdruck dem 18. Jahrhundert schon ganz geläufig, scheint sich aber seit den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts immer mehr und mehr zum scheltenden Schlagwort entwickelt zu haben, das zumal durch das im Jahre 1870 proklamierte Unfehlbarkeitsdogma des Papstes einen letzten großen Impuls erhielt. Vergl. zur Geschichte dieses Wortes Gomberts Angaben in der ZfdW. 3, 335, welcher diese polemische Verwendung durch eine Stelle aus Görres (1831) bereits gut beleuchtet: „Das fortdauernde Geheule jener Schakale von Jesuitismus, Ultramontanismus, Theokratie und Fanatismus, es ist endlich der betörten Welt ein Spott geworden.“ Vergl. auch in den Grenzboten 1848, 2. Sem. 4, 258 die Behauptung: „Es war nur eine sichere, feste Partei, welche in den Kreis der modernen Bewegung eintrat, die ultramontane.“ Recht lehrreich ist ferner ein ausführlicher Passus bei Laube, Das erste deutsche Parlament 1, 261 f. (1849): „Das Wort „ultramontan“ ist ein schlimmes Wort geworden, sogar das Wort „fromm“ verdächtigt heut zu Tage. Ultramontan ist doch noch etwas anderes, es deutet „über die Berge“ des Vaterlandes nach einem kirchlichen Staatswesen, welches die eigentümliche Entwicklung der Völkerschaften nicht nur leiten, sondern fesseln will. Geheime Zwecke, geheimes Ordenswesen, das ganze tausendmaschige Flechtwerk einer Herrschaft, die Niemand übersehen kann, ist damit verbunden. Das Pfaffentum, das Jesuitentum wird als unzertrennlich davon betrachtet, wie kann es verwundern, dass dagegen eine Zeit eingenommen ist, welche ein nationales Vaterland und eine Jedermann ersichtliche Freiheit haben will. Der Ultramontan hat grundsätzlich kein Vaterland. Wenigstens geht ihm das Reich seiner Kirche darüber.“

Daraus fährt er fort: „Aus solchen Gründen wird der Ultramontan immer doppelt misstrauisch angesehen, wenn eine politische und besonders wenn eine nationale Bewegung ausbricht. Jeder Patriot fühlt instinktmäßig, dass der Parteimann der Kirche in letzter Instanz immer noch ganz andere Zwecke verfolge. Die Bezeichnung „ultramontan“ hatte in der Paulskirche von Anfang bis zu Ende etwas ganz Besonderes, und die verschiedensten Parteien waren in diesem Misstrauen stets auf der Stelle einig … Ganz wie die feindlichen Gemeinden sofort zusammentreten, wenn es heißt: der Wolf ist da!“

Für die moderne Neubelebung dieses Schlagworts sei z. B. auf ein Gedicht Hoffmanns von Fallersleben 5, 248 ff. (1871) unter der Überschrift „Die Ultramontanen“ verwiesen.