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Reklame

Reklame. Dieses Schlagwort ersten Ranges dringt etwa um 1842 von Frankreich aus ins Deutsche ein. Erst im gleichen Jahre wird auch im Complément du dict. S. 1027 das Neuwort la réclame offiziell gebucht und erläutert: „petit article que l’on insère dans le corps d’un journal, avec les nouvelles et les faits divers, et qui contient ordinairement l’éloge payé d’un livre, d’un objet d’art, dont le titre se trouve aux annonces.“ Es wird also geschieden zwischen der Angabe des Titels und Preises unter den Annoncen auf der Rückseite der Zeitung und der eigentlichen Reklame, für welche im Journal selbst eine besondere, den Lesern wohlbekannte Rubrik für bezahlte Anpreisungen existierte. Dem neuen Ausdruck liegt das Wort le réclame zugrunde, womit man den Lockruf oder die Lockpseise der Jäger zur Täuschung des Wildes bezeichnet. Also eine sehr charakteristische Anlehnung und Übertragung.

Als frühen Beleg im Deutschen notiere ich in den Grenzboten 1842, 1. Sem. S. 133 die Erwähnung von eigenartigen Anzeigen, „denen man den eben so sinn- als bedeutungslosen Namen Reklam (Lobhudelei oder Großsprecherei) gibt.“ Die Parenthese zeigt den Ausdruck als neu und erklärungsbedürftig an. Vier Jahre später widmet dieselbe Zeitschrift der Einrichtung einen besonderen Artikel. Siehe Jahrgang 1846, 1. Sem. 1, 581 ff. Darin wird bereits der Begriff der lebenden, d. h. persönlichen Reklame an einem amüsanten Beispiel erläutert. Man sieht den rapiden Fortschritt, der freilich dadurch notwendig wurde, dass sich die französische Reklame als unmaskierte Empfehlung des Verlegers oder Autors im Gegensatz zu den versteckten Ankündigungen der Deutschen viel rascher abgenutzt hatte. Gleichzeitig verzweifelt der Verfasser des genannten Artikels an einer treffenden deutschen Übersetzung. Gutzkow 12, 440 (1846) will Réclame mit Eingesandt verdeutschen, fügt aber hinzu: „Gut, bemerkte man, das mag das richtige Wort sein, aber der Franzose ist viel klüger, er bezahlt das Eingesandt, verbittet sich aber, dass man Eingesandt darüber setzt.“

Das Fremdwort ist im Deutschen in kurzer Zeit fast unentbehrlich geworden und wird längst nicht mehr von den Zeitungsanpreisungen allein gebraucht, sondern dient überhaupt als Ausdruck für allerlei Versuche, die allgemeine Aufmerksamkeit zu erregen, sei es durch Wort, Schrift oder Bild. Einen überaus lehrreichen Artikel, der an anschaulichen Beispielen die schier unerschöpflichen Spielarten dieses üppig ins Kraut schießenden Gewächses aufzeigt, bringen die Grenzboten 1866, 1. Sem. 2, 104 ff. Jetzt spricht man nicht nur von Reklamehelden und -heldinnen, sondern auch von einer oft geradezu virtuosen Reklamekunst.