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826. Inschrift¹⁾. Aufschrift²⁾. Überschrift³⁾. Devise⁴⁾. Epigramm⁵⁾. Sinngedicht⁶⁾. Xenie⁷⁾.

1) Inscription.
2) Superscription.
3) Heading.
4) Devise.
5) Epigram.
For 6) & 7) we can only refer to the German text.
1) Inscription.
2) & 3) Suscription.
4) Devise.
5) Epigramme.
6) & 7) Voyez le texte allemand.
1) Iscrizione.
2) & 3) Soprascritta (indirizzo).
4) Motto, divisa.
5) Epigramma.
6) & 7) Vedi il testo tedesco.

Um den Zweck oder die Bedeutung irgend eines Gegenstandes, z. B. öffentlicher Denkmäler, Grabsteine, Triumphbogen, Ehrensäulen usw. anzugeben, bringt man an dem Gegenstande selbst eine Schrift an. Diese nennt man, ohne Rücksicht auf die Stelle, welche sie einnimmt, Inschrift; ist sie an der nach oben gerichteten Seite oder an dem obern Teile des Gegenstandes zu lesen, so heißt sie Aufschrift, z. B. die Aufschrift eines Briefes. Überschrift nennt man gewöhnlich nur diejenige Aufschrift, die den Inhalt eines auf derselben Seite beginnenden Schriftstückes andeutet. — Devise (frz. devise) ist ein Sinn- oder Denkspruch, der gewöhnlich als Inschrift eines symbolischen oder allegorischen Gemäldes, eines Emblems, eines Wappens dient (Wappenspruch). So war eine gemalte Sonne das Emblem Ludwigs des Vierzehnten, und er hatte die Devise: nec pluribus impar.

Unter Epigramm, Sinngedicht, Xenie versteht man Gedichte von geringerem Umfange. In seinen „zerstreuten Anmerkungen über das Epigramm“ sagt Lessing: „Das Sinngedicht ist ein Gedicht, in welchem nach Art der eigentlichen Aufschrift unsere Aufmerksamkeit und Neugierde auf irgendeinen einzelnen Gegenstand erregt und mehr oder weniger hingehalten werden, um sie mit eins zu befriedigen,“ — und an einer andern Stelle: „Man hat das Wort Epigramm verschiedentlich übersetzt, durch Überschrift, Aufschrift, Inschrift, Sinnschrift, Sinngedicht usw. Überschrift und Sinngedicht sind, dieses durch den Gebrauch des Logau und jenes durch den Gebrauch des Wernicke, das Gewöhnlichste geworden, aber vermutlich wird Sinngedicht auch endlich das Überschrift verdrängen. Aufschrift und Inschrift müssen sich begnügen, das zu bedeuten, was das Epigramm in seinem Ursprung war; das, woraus die so genannte Dichtungsart nach und nach entstanden ist.“ So heißt dasselbe Gedicht in Rücksicht auf seinen Inhalt Sinngedicht, in bezug auf seinen Ursprung und seine Form Epigramm (gr. epigramma. „Seid doch nicht so frech, Epigramme! — Warum nicht? Wir sind nur | Überschriften; die Welt hat die Kapitel des Buchs.“ Goethe, Venet. Epigr. 60. Xenien (eig. Gastgeschenke, die gewöhnlich in Speise und Trank bestanden und von einem kurzen Sinnspruche begleitet waren) wurden die seit Schillers Musenalmanach aus dem Jahre 1797 in der deutschen Literatur häufig gebrauchten, gegen literarische Erzeugnisse gerichteten, beißenden Epigramme genannt.

Auch die Ausdrücke Spruch und Priamel sind sinnverwandt. Spruch ist eigentlich die allgemeinste von allen Bezeichnungen, und man kann alle bereits angeführten Bezeichnungen unter dem deutschen Namen Spruch zusammenfassen. Im engern Sinne versteht man unter Sprüchen kurze, gewöhnlich gereimte Sätze, die eine Lebenserfahrung, eine Regel der Lebensklugheit und der Weisheit oder sonst eine allgemeine Wahrheit enthalten. Die berühmteste Spruchdichtung des Mittelalters war Freidanks Bescheidenheit (d. i. etwa soviel wie Lebensweisheit). Goethe nannte seine zahlreichen Sprüche zahme Xenien; Rückert gab seine Spruchweisheit in den persischen Vierzeilen, sowie in der Weisheit des Brakmanen. „Doch, bevor wir’s lassen rinnen, betet einen frommen Spruch.“ Schiller, Glocke. Die Priamel (lat. prœambulum, d. i. Vorspiel, Vorbereitung) ist eine eigenartige deutsche Form des Epigramms; sie besteht darin, daß eine Reihe von Subjekten in der letzten Zeile ein gemeinsames Prädikat erhält, oder daß eine Reihe von Vordersätzen durch einen gemeinsamen Nachsatz zusammengefaßt wird. Die Form hat etwas Rätselartiges; die letzte Zeile enthält gleichsam die Auflösung des Rätsels, das mit den vorhergehenden Zeilen dem Hörer aufgegeben wird (vgl. mein „Handbuch der deutschen Sprache“ II, S. 149, Leipzig, B. G. Teubner). Priameln sind z. B. folgende alte deutsche Sprüche: „Straßburger Geschütz, | Nürnberger Witz, | Venediger Macht, | Augsburger Pracht, | Ulmer Geld — | bezwingt die ganze Welt; oder: „Ein Himmel ohne Sonn', | ein Garten ohne Bronn', | ein Baum ohne Frucht, | ein Mägdlein ohne Zucht, | ein Süpplein ohne Brocken, | ein Turm ohne Glocken; ] ein Soldat ohne Gewehr — | sind alle nicht weit her."