Die Lapithen und Zentauren

 

Nestor, der Pyliergreis, am Siegesfest des Achilles,

Welcher den Cyknus erlegt, verkündete, denkend der Vorzeit,

So der Lapithen Gefecht und der untiergleichen Zentauren:

 

Heim mit Hippodame zog der Sohn des verwegenen Ixion;

Und an gereiheten Tischen in baumumschatteter Grotte

Lud er zum gastlichen Lager die trotzigen Wolkensöhne.

Edle Hämonier kamen zum Schmaus; auch kamen wir selber.

Festliche Lust durchhallte die Königsburg mit Getümmel;

Hymen erscholl's, Hymenäos! es dampften von Glut die Gemächer;

Und in der Frau'n und Mütter Umzingelung prangte die Jungfrau,

Wunderschön von Gestalt. Den Pirithous priesen wir selig,

Solch ein Weib zu gewinnen; doch fast ward vereitelt der Glückwunsch.

 

Denn dir, Ungestümster der ungestümen Zentauren,

Eurytus, brennt's wie vom Weine, so heiß von dem Blicke der Jungfrau

Unter der Brust; und die Trunkenheit herrscht mit Begierde verdoppelt.

Schleunig verwirrt ein Gerassel zerrütteter Tische das Gastmahl;

Und mit Gewalt wird gerafft am ergriffenen Haar die Vermählte.

Eurytus reißt von dannen Hippodame; andre, die jeder

Auskor, oder ergriff. Der eroberten Stadt war das Bildnis.

Laut scholl Weibergeschrei durch die Wohnungen. Schnell von den Sitzen

Sprangen wir. Theseus zuerst rief: Welch ein rasender Wahnsinn,

Eurytus, spornet dich an, daß du meinen Pirithous angreifst,

Weil ich leb', und zween, Unwissender, kränkest in einem?

Daß nicht solches umsonst vom erhabenen Helden gesagt sei,

Drängt er die Stürmer hinweg und befreit die geraubete Jungfrau.

 

Jener darauf kein Wort; denn nichts zur Verteidigung sagen

Kann er für solcherlei Tat: doch frech in des Rettenden Antlitz

Hebt er die schändende Hand, und schlägt ihm den edelen Busen.

Neben ihm stand, umstarrt von erhobenen Zeichen, ein schwerer

Altertümlicher Krug; den mächtigen, mächtiger selber,

Schwang empor der Ägid', und schleudert' ihn jenem ins Antlitz.

Klumpen geronnenen Bluts und Gehirn und Most durcheinander,

Speiend aus Wund' und Rachen, gestreckt im gefeucheten Sande,

Zappelt er. Rasch entbrennen vom Mord die gemähneten Brüder;

Mit einhelligem Ruf. Zu den Waffen! ertönt's: zu den Waffen!

Weine beseelen mit Mut; und geschleuderte Becher im Anfang

Fliegen und brechliche Humpen zum Kampf und gebogene Becken:

Dinge, dem Schmause vordem, nun Krieg' und Schlachten gewidmet.

 

Siehe, zuerst entblößte der trotzige Sohn des Ophion,

Amykus, seiner Zier das Gemach, und zuerst von der Decke

Riß er die leuchtende Krone, von häufigen Kerzen umschimmert.

Hoch sie empor dann hebend, wie wenn dem schneeigen Farren

Einer mit opferndem Beile den Hals zu zerbrechen sich anstrengt,

Schmettert' er gegen die Stirne des Celadon; und dem Lapithen

Ließ er verwirrt das Gebein in dem unerkennbaren Antlitz,

Vorwärts quollen die Augen; und tief durch zersplitterte Knochen

Sank die Nase zurück, bis hinab zum Gaume gequetschet.

Aber den Fuß entrüttelt dem Ahorntisch der Pelläer

Belates, streckt den Zentaur, sein Kinn auf den Busen zerschellend,

Und da mit dunkelem Blut er die Zähn' ausspeit, da verdoppelt

Jener den Schlag und entsendet den Geist des Tartarus Schatten.

 

Gryneus stand ihm zunächst, und schauend mit gräßlicher Miene

Auf den umdampften Altar: O warum nicht brauchen wir jenen?

Sprach er und hob mit den Gluten den ungeheuren Altar auf,

Schwang und warf ihn hinein in den dichtesten Schwarm der Lapithen.

Und er verschüttete zween, den Broteas und den Oreios.

Aber ein Sohn war Oreios der Mykale, die mit Bezaubrung

Oft, wie man sagte, die Hörner des sträubenden Mondes herabzog.

Nicht ungestraft bleibt dir's, nur sei ein Gewehr mir vergönnet!

Rief Exadius laut; und statt des Gewehres erlangt er

Hoch von der Fichte herab das Gehörn des geweiheten Hirsches.

Siehe, dem Gryneus bohrt es mit doppeltem Ast in die Augen,

Und entreißt sie der Stirn'; es haftet ein Teil um die Zacken,

Anderes fließt in den Bart und hängt mit Blute gerinnend.

 

Plötzlich vom hellen Altar der Erstlinge raffet sich Rhötus

Einen lodernden Brand; und rechts an dem Haupt des Charaxus

Knirscht er die Schläfe hindurch, voll gelb umwallenden Haares.

Ungestüm von der Glut, wie gedörrete Saaten, entzündet,

Flammten die Locken empor; und das Blut, in der Wunde gesenget,

Zischte mit schrecklichem Ton, und prasselte: so wie das Eisen,

Rot von der Esse durchglüht, nachdem in gebogener Zang' es

Faßte der Schmied und hinab in den Kühltrog tauchte; doch jenes

Zischt in der Flut, und es siedet der zitternden Welle Gebrodel.

Er, die begierige Flamme den struppigen Haaren entschüttelnd,

Wühlt aus der Erd' und erhebt die mächtige Schwell' auf die Schultern,

Deren Gewicht Lastwagen verlangt; doch den Feind zu erreichen,

Hält ihn die Schwere zurück; den Genossen sogar, den Kometes,

Welcher zunächst ihm weilte, zerdrückt der graue Granitblock.

Und nicht bändigte Rhötus die Lust: So, fleh' ich, begann er,

Möge der übrige Troß der Deinigen Tapferkeit üben!

Dann mit dem glimmenden Scheite die Wund' auffrischend von neuen,

Schmettert' er drei-, viermal ihm die berstenden Nähte des Schädels,

Daß in das flüssige Hirn eindrang der gesplitterte Knochen.

 

Siegreich nun zu Euagros und Korythos geht er, und Dryas.

Als davon, um die Wangen mit Erstlingsflaume gebräunet,

Korythos sank in den Staub: Was schufst du dir, rief Euagros,

Durch den erschlagenen Knaben für Ruhm? Nicht mehreres ließ ihn

Sagen der wilde Zentaur; dem Redenden stieß er den roten

Brand in den offenen Mund und hinab durch den Mund in die Gurgel.

Dir auch, tobender Dryas, das Haupt mit dem Feuer umwirbelnd,

Folget er nach; nicht aber bei dir auch fand er denselben

Ausgang. Ihm, da er stolz des beständigen Mordes sich freuet,

Bohrst du am Hals' in die Schulter die vorgeglühete Stange.

Rhötus erseufzt, arbeitet die Stang' aus dem harten Gebeine

Mühsam hervor und entflieht, mit eigenem Blute gefeuchtet.

 

Lykabas auch und Orneos entzieht und der blutige Medon,

Rechts am Buge verletzt, und Thaumas zugleich mit Pisenor;

Auch, der jüngst vor allen im Kampf der Schenkel gesieget,

Mermeros, ging langsamer nunmehr an empfangener Wunde;

Pholos und Melaneus auch, und der eberjagende Abas;

Und, der umsonst die Seinen vom Krieg abmahnte, der Seher

Astylos; er auch hemmte den wundenfürchtenden Nessus:

Fleuch nicht! sprach er, du wirst für Herkules' Bogen gesparet.

Aber Eurynomos nicht, noch Lycidas, oder Areos

Flohn, noch Imbreus, den Tod: die alle der mordende Dryas

Grade von vorn hinstreckt'; auch du von vorne, wiewohl du

Kehrtest den Rücken zur Flucht, empfingst die Wunde, Krenäos:

Zwischen die Augen hinein, da zurück du wandtest das Antlitz,

Stürmte der schreckliche Stahl, wo die Nas' an die Stirne sich füget.

 


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