Die Frösche
Habet ihr Lust und Weile, so höret mich. Eine Geschichte
Weiß ich aus älterer Zeit: wie in Lycias fruchtbaren Äckern
Nicht ungestraft die Latona verachteten Bauern der Vorwelt.
Zwar ist dunkel die Tat, wie selbst die Männer; allein doch
Wunderbar. Ich sah in Person den sumpfigen Weiher,
Wo das Wunder geschah. Denn mein schon alternder Vater,
Schwach für weitere Wege, befahl mir, ihm die erlesnen
Rinder daher zu holen; und gab mir einen Geleiter
Mit aus dem Lyciervolk. Da zugleich wir die Triften umwandeln;
Denkt doch! mitten im See, von Opferasche geschwärzet,
Stand ein alter Altar, umgrünt von zitterndem Rohre.
Stehen blieb der Gefährt', und: Gnade mir! flüstert' er ängstlich
Gegen den See; und sogleich: o Gnade mir! flüstert' ich selber.
Ist der Altar der Najaden? so fraget' ich; oder des Faunus?
Oder des örtlichen Gottes? Zur Antwort sagte der Fremdling:
Nein, nicht wohnet, o Jüngling, ein Berggott hier im Altare.
Jene nennt ihn den ihren, der einst die Königin Juno
Ganz die Erde verbot, der kaum die irrende Delos
Gab die erbetene Ruh', als leicht noch die Insel umherschwamm.
Dort, an die Palme gelehnt, und den Baum der Pallas, genas sie,
Der Stiefmutter zum Trotz, von Zwillingen endlich, Latona.
Dort auch entfloh, wie man sagt, die Gebärerin ängstlich vor Juno,
Tragend im eigenen Busen die neugeborenen Götter.
Schon in das Land der Chimära, in Lycia kam sie, von langer
Arbeit matt, da die Sonne mit Glut anstrahlte die Fluren;
Und sie lechzte vor Durst in der dörrenden Flamme des Himmels;
Auch war die Brust ihr erschöpft von den gierig saugenden Kindern.
Jetzo traf sie den Teich von besserer Flut in des Tales
Niedrungen: wo Landleute sich staudende Reiser zum Flechten
Sammelten, Binsen zugleich, und klobige Schilfe des Sumpfes.
Näher ging die Titanin, und senkend das Knie auf die Erde,
Neigte sie sich, zu schöpfen den Trunk des kühlen Gewässers.
Aber der ländliche Haufen verbot. Drauf sagte die Göttin:
Warum Wasser verwehrt? Zu aller Gebrauch ist das Wasser!
Eigen erschuf nicht Luft die Natur, noch eigen die Sonne,
Oder die lautere Flut! Am Gemeingut nehm' ich nur Anteil!
Dennoch erfleh' ich solches zur Gabe mir! Nicht ja gedacht' ich
Hier zu baden den Leib, und die abgematteten Glieder;
Sondern den Durst zu kühlen! Mit fehlt schon Feuchte zum Reden;
Trocken ist Zung' und Kehle; ja kaum noch lautet die Stimme!
Wassertrunk wird Nektar mir sein! Ja, das Leben verdank' ich
Euch mit dem Trunke zugleich; ihr gewährt mir Leben im Wasser!
Werdet durch diese gerührt, die hier im Busen die Händchen
Strecken nach euch! Und es traf sich, die Kindelein streckten die Hände.
Wen nicht hätten gerührt die schmeichelnden Worte der Göttin?
Dennoch bestehn sie zu hemmen die Bittende; Drohungen endlich,
Wo nicht fern sie entweiche, mit schmähender Lästerung fügt man.
Noch nicht genug: ihn selber umher mit Händen und Füßen
Machen sie trübe den Teich; und tief aufwühlend vom Grunde,
Regen sie weichen Morast ringsum mit neidischen Sprüngen.
Unmut täubte den Durst; nicht mag die Tochter des Cöus
Noch Unwürdigen flehn; es verdrießt, noch länger zu reden
Worte, der Göttin zu klein; und die Händ' aufhebend zum Himmel:
Lebt denn, sagte sie, ewig hinfort in jenem Gesümpfe!
Schnell war Tat, was die Göttin gewünscht. In die Fluten zu springen,
Freut sie und bald ganz unter den Pfuhl zu tauchen die Glieder,
Bald zu erheben das Haupt, und bald auf der Fläche zu schwimmen;
Oft sich über dem Bord zu sonnen am Sumpf, und hinab dann
Wieder zu plumpen in kühlende Flut. Noch jetzo beständig
Gellt von Zank die schmähliche Zung'; und der Schande nicht achtend,
Ob sie die Flut auch bedeckt, auch bedeckt noch schimpfen sie kecklich.
Selber der Ruf tönt rauh, und es schwillt der geblähete Hals auf,
Und viel weiter noch sperrt den gedehneten Rachen die Schmähung.
Schulter und Haupt sind gesellt, und scheinen den Hals zu verdrängen,
Grünlich gefärbt ist der Rücken, der groß vorragende Bauch weiß.
Jugendlich hüpfen herum im morastigen Sumpfe die Fröschlein.