Ceres

 

Ceres zuerst hat Schollen mit hakigem Pfluge gewühlet;

Ceres zuerst gab Früchte dem Land und mildere Nahrung:

Ceres gab die Gesetze; durch Ceres' Geschenk sind wir alles.

Jene gebührt mir zu singen. O könnt' ich nur würdig der Göttin

Singen ein Lied! Doch die Göttin ist wenigstens würdig des Liedes.

 

Eine gewaltige Insel bedeckt gigantische Glieder,

Trinakris: schwer auflassend dem ungeheuren Typhoeus,

Dränget sie ihn, der gewagt, ätherische Sitze zu hoffen.

Zwar strebt jener empor, will oft aufstehen, und müht sich:

Aber die Rechte bedeckt der ausonische Felsen Peloros;

Du, Pachynos, die Link'; und die Schenkel ihm zwängt Lilybäos;

Ätna belastet das Haupt, wo, dem Grund' anlehnend den Rücken,

Sand ausspeiet und Glut aus entsetzlichem Rachen Typhoeus.

Oftmals ringt er, mit Macht hinwegarbeitend die Erdlast,

Daß er die türmenden Städt' und Gebirg' abwälze vom Leibe.

Davon erbebet das Land; und es zagt der König der Geister,

Daß ihm zerspalte der Boden in weit aufgähnender Öffnung,

Und eindringender Tag die zitternden Schatten erschrecke.

 

Bange vor solchem Verderb enteilte der finsteren Wohnung

Jetzt der Tyrann, und im Wagen von dunkelen Rossen geführet,

Mustert' er rings des sikulischen Lands Grundfesten mit Vorsicht.

Als er genau nun erforscht, es wackele nirgend ein Ort ihm,

Und die Besorgnis verschwand; da sahe den Schweifenden Venus,

Sitzend auf Eryx Höh'n, und sprach, den Knaben umarmend:

 

Du mir Waffen und Arm, und meine Gewalt, o Erzeugter!

Nimm das Geschoß, Kupido, womit du alle besiegest;

Und in die Brust des Gottes entsende mir hurtige Pfeile,

Dem das äußerste Los zufiel des gedrittelten Reiches.

Du kannst Götter und Jupiter selbst, du Mächte der Meerflut

Bändigen, du selbst ihn, der beherrscht die Mächte der Meerflut.

Was soll der Tartarus ruhn? Warum nicht dehnst du die Herrschaft,

Dein und der Mutter zugleich? Hier gilt's ein Drittel des Weltalls!

Dennoch wird sie sogar in unserem Himmel verachtet,

Solche Gewalt! und es schwinden mit mir die Kräfte des Amor.

Siehest du nicht, wie Diana die Jägerin, nicht, wie Minerva

Schon sich gewendet von mir? Auch der Ceres Tochter ist Jungfrau,

Wenn wir's dulden, hinfort; denn sie hegt die selbige Hoffnung

Auf denn! für das gemeinsame Reich, wenn ich Liebe noch finde,

Füge die Göttin dem Ohm! - So redete Venus, doch Amor

Löst den Köcher und legt, nach der Wahl der Mutter, aus tausend

Einen der Pfeile zurück; nicht spitziger drohet ein andrer,

Noch fehlloseren Flugs, noch mehr der Senne gehorchend.

Jetzo krümmt er das Horn mit angestemmetem Kniee,

Und durchbohret das Herz mit hakigem Rohre dem Pluto.

 

Ein tiefflutender See ist Hennas Mauren benachbart,

Pergus mit Namen genannt. Nicht häufiger höret Kaystros

Schwanengesäng', als dieser, in sanft hingleitenden Wassern.

Ringsher kränzen die Flut Umwaldungen, welche beständig,

Wie mit laubigem Teppich, die Glut abwehren des Phöbus.

Kühlung streut das Gezweig', und die Au' hellschimmernde Blumen.

Frühling ist ewig im Hain. Als hier Proserpina weiland

Spielete, sanfte Violen und silberne Lilien brechend;

Als sie mit kindlicher Lust sich die Körb' und den Schoß des Gewandes

Anfüllt', und zu besiegen die Freundinnen eifert' im Sammeln,

Wurde zugleich sie gesehn und geliebt und geraubet von Pluto.

Also durchstürmt ihn die Flamme! Sie rief, die erschrockene Göttin,

Mutter und Freundinnen an, doch häufiger rief sie die Mutter,

Bang'; und indem das Gewand sie zerriß am obersten Rande,

Sanken aus gleitenden Rocke hinab die gesammelten Blumen:

Und, so lauter noch war die jugendlich heitere Unschuld!

Auch der Blumen Verlust erregete Kummer dem Mägdlein.

Pluto beflügelt die Fahrt, und jeglichen rufend mit Namen,

Treibt er die Rosse zum Lauf, und über die mähnigen Hälse

Schüttelt er dunkele Zügel, mit Eisenschwärze gefärbet.

Über des Sees Abgrund' enteilet er, und der Paliker

Dunstendes Schwefelgesümpf, das geborstenem Boden entsiedet;

Und wo die Bacchiaden vom Doppelstrande Korinthus,

Zwischen dem größeren Hafen und kleineren, Mauern gegründet.

 

Cyane hält in der Mitt', und Pisas Quell' Arethusa,

Jenes umschlossene Meer, das begegnende Hörner verengen.

Dort war sie, von welcher der See den Namen behauptet,

Cyane, hochberühmt in der Schar sikelischer Nymphen,

Die in der strudelnden Flut bis hoch zu den Hüften emporstand.

Und sie erkannte den Gott: Halt! rufte sie, gehet nicht weiter!

Niemals wirst du mit Zwang der Ceres Eidam. Erbitten

Solltest du sie, nicht rauben. Wofern mir kleines mit großem

Abzumessen gebührt: um mich auch bewarb sich Anapis;

Aber erfleht, nicht also geängstiget, reicht' ich die Hand ihm.

Dieses gesagt, trat jene mit ausgebreiteten Armen

Ihm in den Weg. Nicht hemmte den Zorn der saturnische König:

Welcher die Ross' anmahnend, die schrecklichen, tief in den Strudel,

Umgedreht mit gewaltigem Arm, den gebietenden Zepter

Schwang; daß getroffen die Erd' ihm Bahn zum Tartarus aufschloß,

Und den entstürzenden Wagen empfing in die Mitte des Schlundes.

 

Cyane trauert zugleich um Proserpina, und die Verachtung

Ihres geweiheten Quells; die unausheilbare Wunde

Nährt sie in schweigender Brust, und ganz in Tränen verrinnt sie;

Und, wo als Göttin sie jüngst obwaltete, in die Gewässer

Fließt sie jetzo verdünnt. Man sah weich werden die Glieder,

Biegsamer jedes Gebein, und frei von Härte die Nägel.

Immer das Zartere schmolz von der ganzen Gestalt ihr zuletzt hin,

Ihr blaulockiges Haar, und die Finger, die Bein' und die Füße;

Denn nur kurz in erkältende Flut ist feinerer Glieder

Übergang; und darauf schwand Rücken und Seit' und die Schultern,

Auch die Brust ihr hinweg in sanft verrieselnde Bäche.

Endlich drang, statt lebenden Bluts, den zergehenden Adern

Wasser hinein; und nichts war anzufassen noch übrig.

 

Aber indes ward umsonst von der zagenden Mutter die Tochter

Rings in jeglichem Lande gesucht, und in jeglicher Tiefe.

Niemals sah Aurora, mit goldenen Haaren erscheinend,

Jene vom Gang' ausruhn; nie Hesperus. Stets in den Händen

Hielt sie brennende Fichten, an Ätnas Flammen entzündet,

Welche sie unruhvoll in tauigen Nächten umhertrug.

Wiederum, wann der heilige Tag die Gestirne verdunkelt,

Suchte vom Aufgang jene zum Niedergange die Tochter.

 

Als nun müde vor Durst sie schmachtete, und ihr die Zunge

Keine der Quellen gekühlt; jetzt traf sie ein niedriges Hüttlein,

Strohbedeckt, und klopft' an die Tür. Ein Mütterchen öffnet

Trippelnd und schaut die Göttin und reicht, da Wasser sie bittet,

Ihr ein süßes Getränk, aus geröstetem Malze gesotten.

Während sie trinkt das Gereichte, da tritt vor die Göttin ein Knabe,

Frech von Gesicht und verwegen, und lacht und nennet sie gierig.

Doch die Beleidigte schwingst die Neig' in des Redenden Antlitz,

Und umströmt ihn mit Nässe zugleich und malziger Mischung.

Flecken saugt das Gesicht; und dort, wo er Arme gereget,

Reget er Bein', und ein Schwanz beschließt die verwandelten Glieder.

Nur in kleine Gestalt, daß klein zum Schaden die Kraft sei,

Enget er sich, noch unter dem Maß der gewöhnlichen Eidechs.

Doch wie das Mütterchen staunt, wie sie weint und zu greifen ihm nachläuft,

Flieht er behend', und ereilet ein Loch; nun führt er den Namen

Sterneidechs, um den Leib mit sternigen Tropfen gesprenkelt.

 

Welche Lande die Göttin durchirrete, welche Gewässer,

Ist langweilig zu melden: der Suchenden fehlte der Erdkreis.

Nach Sikania kehrt sie zurück; dort alles erforschend

Naht sie der Cyane jetzt: die, wäre sie nicht in Verwandlung,

Hätt' ihr alles erzählt; doch Mund so wenig wie Zunge

Spricht der Redenden an; nichts hatte sie, Worte zu bilden.

Doch ein deutliches Zeichen gewähret sie; und den bekannten,

Dort in den heiligen Strudel hinabgefallenen Gürtel,

Welchen Persephone trug, den zeiget sie oben im Wasser.

So wie sie jenen erkannt, als ob er erst jetzo den Raub sie

Wüßte, zerriß sich die Göttin das ungeordnete Haupthaar,

Und sie zerschlug, wie zuvor, die zerschlagene Brust mit den Händen.

Nicht, wo sie sei, weiß jene; doch schilt sie die Gegenden alle,

Undankbare sie nennend, nicht wert der verliehenen Feldfrucht:

Doch das trinakrische Land vor anderen, wo sie des Schadens

Spuren entdeckt. Dort jetzo die schollenkehrenden Pflüge

Brach sie mit wütender Hand und verdammt' im Zorn die Besteller,

Männer und Stiere, zum Tod', und hieß ableugnen den Acker

Alles vertrauete Gut, und fälschte die edelen Samen.

Siehe, der fruchtbare Segen, der rings umwallte den Erdkreis,

Liegt nun taub; es erstirbt im sprossenden Grüne die Saatflur.

Bald hat heftige Sonn' und heftiger Regen geschadet,

Bald das Gestirn und der rasende Wind; auch die gierigen Vögel

Raffen gestreuete Saat; der Lolch und die Distel beherrschen

Nährende Weizengefild', und unaustilgbare Quecke.

 


 © textlog.de 2004 • 03.12.2024 00:18:56 •
Seite zuletzt aktualisiert: 05.12.2006 
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