Thetis und Peleus


Proteus sprach zu der Thetis, der Meergreis: Göttin der Wasser,

Künftig empfängst und gebierst du den Jüngling, welcher des Vaters

Mächtige Taten besiegt und groß vor jenem genannt wird.

Darum, damit nichts größer denn Jupiter wär' in dem Weltall,

Ob er zwar in der Brust nicht lauliche Gluten empfunden,

Meidet Jupiter stets der umwogeten Thetis Vermählung.

Und er gebot, daß ihm sein äacidischer Enkel

Folgt' in dem Wunsch, und ginge, die Meerjungfrau zu umarmen.

 

Eine hämonische Bucht erstreckt, wie die Sichel geründet,

Zwei verlaufende Arm', und wallete tieferes Wasser,

Wär' es ein Port; doch es seichtet ein sandiger Boden die Fläche.

Hart ist oben der Strand, und behält nicht Spuren des Fußes,

Noch verweist er den Gang, noch deckt ihn schwebendes Meergras.

Nah ist Myrtengesträuch, voll dunkeler Beeren und heller.

Eine Grott' ist darin; ob Natur, ob Kunst sie gebildet,

Zweifelte man; mehr aber die Kunst: oft kamst du zu dieser,

Auf dem gezäumten Delphine gewandlos sitzend, o Thetis.

 

Dort hat Peleus dich einst, da im fesselnden Schlafe du lagest,

Überrascht; und weil du, versucht durch Bitten, dich sträubtest,

Übt er Gewalt, den Nacken mit beiden Armen umwendend.

Hättest du nicht dich gewendet in oft veränderter Bildung

Zu der gewöhnlichen Kunst; er gewann sein kühnes Bestreben.

Bald als Vogel erschienst du; und fest hielt jener den Vogel:

Bald ein gewaltiger Baum; an dem Baum auch haftete Peleus.

Doch in der dritten Gestalt der gesprenkelten Tigerin drohend,

Schrecktest du Äakus' Sohn, daß dich zu umarmen er abließ.

Jetzt die Götter des Meers, mit Wein in die Welle geströmt,

Sühnet er, und mit geopfertem Vieh, und dampfendem Weihrauch;

Bis der karpathische Seher hervor aus der Mitte des Strudels:

Äakus' Sohn, ausrief. du erlangst die gewünschte Vermählung.

Nur wann schlummernd die Nymph' in der kühligen Grotte sich ausruht,

Binde sie, leise genaht, mit Seil und umschlingender Fessel.

Und sie täuschte dich nicht, von Gestalt in Gestalt sich verwandelnd;

Zwänge du, was sie auch sei, bis die vorige Bildung sie herstellt.

 

Proteus redete so, und taucht' in die Fluten das Antlitz,

Selbst mit eigner Umwallung die endenden Worte bedeckend.

 

Titan neigte den Lauf, und lenkt' abschüssig die Deichsel

Zum hesperischen Sund, als Nereus' blühende Tochter

Aus der verlassenen Tief' einging zum gewöhnlichen Lager.

Kaum noch stürmte der Held auf die Meerjungfrau, und sie gaukelt

Immer erneute Gestalt, bis zuletzt sie die Glieder gehalten

Fühlt, und weit auseinander die Arm' in Banden gedehnet.

Seufzend sagte sie jetzt: Du siegst nicht ohne die Götter!

Und ward Thetis, wie vor. Es umschlingt die Bekennende Peleus,

Froh der gewonnenen Braut, und schenkt ihr den großen Achilles.


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Seite zuletzt aktualisiert: 05.12.2006 
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