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Transzendentale Idee

Idee, transzendentale. Der Verstand ist der Quell der Erfahrung (ihrer Form nach) durch die Kategorien und transzendentalen Grundsätze, die Vernunft (im engeren Sinne) die Quelle von „Ideen“, reinen Vernunftbegriffen. Diese erscheinen, vermöge einer eigenartigen „Dialektik“ (s. d.) als Begriffe von erkennbaren Gegenständen. Das Unbedingte (s. d.), die Totalität der Bedingungen Umfassende, auf das die Ideen sich beziehen, scheint ein Gegenstand der Erkenntnis zu sein. Aber die Antinomien (s. d.) der Vernunft zeigen, daß die Ideen keine Begriffe von Objekten sein können. In ihrem die Erfahrung überschreitenden, transzendenten Gebrauche erweisen sich die Ideen als widerspruchsvoll, illusorisch. Faßt man sie aber nicht als „konstitutive“, sondern „regulative“ Begriffe auf, d. h. als oberste Gesichtspunkte der Verarbeitung, Systematisierung des schon verstandesmäßig bestimmten Erfahrungsmaterials, als Regeln für den nach allen Seiten fortschreitenden Erkenntnisprozeß, dann haben die Len höchsten Wert, sind sie wissenschaftlich und philosophisch fruchtbar, und wären sie auch nur „heuristische Fiktionen“, denen an Realität nichts entspräche. Die Ideen gehen vom Gesichtspunkt des Ganzen, der Totalität, des Unbedingten aus und lenken die Forschung nach diesem hin, um dadurch darzutun, daß keine erreichte Grenze der Analyse und Synthese als letzte, nicht weiter überschreitbare betrachtet werden darf. Das absolute Ganze der Erfahrung ist nicht gegeben, aber es ist dem Denken aufgegeben, sich in der Richtung zu ihm zu bewegen, ohne daß ein Abschluß wirklich möglich ist. Es muß aber so gedacht und geforscht werden, als ob ein Unbedingtes als Ausgangs- oder Endpunkt des Erkennens (bzw. des Handelns) gegeben wäre. Die Ideen erst ermöglichen systematischen Erfahrungszusammenhang, wenn auch nicht Erfahrung überhaupt.

Es gibt „reine Vernunftbegriffe“, „die niemals in irgendeiner nur möglichen Erfahrung gegeben werden“, deren objektive Realität also durch keine Erfahrung bestätigt werden kann. Sie gehen auf „die Vollständigkeit, d. i. die kollektive Einheit der ganzen möglichen Erfahrung und dadurch über jede gegebene Erfahrung hinaus“, werden also „transzendent“. „Sowie also der Verstand der Kategorien zur Erfahrung bedurfte, so enthält die Vernunft in sich den Grund zu Ideen, worunter ich notwendige Begriffe verstehe, deren Gegenstand gleichwohl in keiner Erfahrung gegeben werden kann. Die letzteren sind ebensowohl in der Natur der Vernunft als die ersteren in der Natur des Verstandes gelegen“, Prol. § 40 (III 91 f.). Eine „Selbsterkenntnis der reinen Vernunft in ihrem transzendenten (überschwenglichen) Gebrauch“ ist das einzige Mittel gegen die Verirrungen der Vernunft, wenn diese ihre Bestimmung mißdeutet und „dasjenige transzendenter Weise aufs Objekt an sich selbst bezieht, was nur ihr eigenes Subjekt und die Leitung desselben in allem immanenten Gebrauche angeht“, ibid. § 40 (III 93). Da der Ursprung der Kategorien in den vier logischen Funktionen aller Urteile des Verstandes liegt, so war es ganz natürlich, den Ursprung der Ideen in den drei Funktionen der Vernunftschlüsse zu suchen. Die auf diese gegründeten Ideen enthalten „erstlich die Idee des vollständigen Subjekts (Substantiale), zweitens die Idee der vollständigen Reihe der Bedingungen, drittens die Bestimmung aller Begriffe in der Idee eines vollständigen Inbegriffs des Möglichen“, ibid. § 43 (III 94 f.).

Die Ideen sind „für unser theoretisches Erkenntnisvermögen überschwenglich“, dabei aber doch nicht etwa unnütz oder entbehrlich, sondern dienen als „regulative Prinzipien“, um „teils die besorglichen Anmaßungen des Verstandes, als ob er (indem er a priori die Bedingungen der Möglichkeit aller Dinge, die er erkennen kann, anzugeben vermag) dadurch auch die Möglichkeit aller Dinge überhaupt in diesen Grenzen beschlossen habe, zurückzuhalten, teils um ihn selbst in der Betrachtung der Natur nach einem Prinzip der Vollständigkeit, wiewohl er sie nie erreichen kann, zu leiten und dadurch die Endabsicht alles Erkenntnisses zu befördern“, KU Vorr. (II 1 f.). „Ideen in der allgemeinsten Bedeutung sind nach einem gewissen (subjektiven oder objektiven) Prinzip auf einen Gegenstand bezogene Vorstellungen, sofern sie doch nie eine Erkenntnis desselben werden können. Sie sind entweder nach einem bloß subjektiven Prinzip der Übereinstimmung der Erkenntnisvermögen untereinander (der Einbildungskraft und des Verstandes) auf eine Anschauung bezogen und heißen alsdann ästhetische, oder nach einem objektiven Prinzip auf einen Begriff bezogen, können aber doch nie eine Erkenntnis des Gegenstandes abgeben und heißen Vernunftideen.“ Eine ästhetische Idee (s. d.) ist eine inexponible Vorstellung, die Vernunftidee ist ein „indemonstrabeler“ Begriff der Vernunft, d. h. er kann durch keine empirische Anschauung belegt werden, KU § 57 Anmerk. I (II 200 f.).

Freiheit (s. d.) ist die einzige unter den Ideen, wovon wir (als Bedingung des moralischen Gesetzes) die Möglichkeit a priori wissen. „Die Ideen von Gott und Unsterblichkeit sind aber nicht Bedingungen des moralischen Gesetzes, sondern nur Bedingungen des notwendigen Objekts eines durch dieses Gesetz bestimmten Willens, d. i. des bloß praktischen Gebrauchs unserer reinen Vernunft; also können wir von jenen Ideen auch, ich will nicht bloß sagen nicht die Wirklichkeit, sondern auch nicht einmal die Möglichkeit zu erkennen und einzusehen behaupten. Gleichwohl aber sind sie die Bedingungen der Anwendung des moralisch bestimmten Willens auf sein ihm a priori gegebenes Objekt (das höchste Gut). Folglich kann und muß ihre Möglichkeit in dieser praktischen Beziehung angenommen werden, ohne sie doch theoretisch zu erkennen und einzusehen. Für die letztere Forderung ist in praktischer Absicht genug, daß sie keine innere Unmöglichkeit (Widerspruch) enthalten. Hier ist nun ein in Vergleichung mit der spekulativen Vernunft bloß subjektiver Grund des Fürwahrhaltens, der doch einer ebenso reinen, aber praktischen Vernunft objektiv gültig ist, dadurch den Ideen von Gott und Unsterblichkeit vermittels des Begriffs der Freiheit objektive Realität und Befugnis, ja subjektive Notwendigkeit (Bedürfnis der reinen Vernunft) sie anzunehmen verschafft wird... Und dieses Bedürfnis ist nicht etwa ein hypothetisches einer beliebigen Absicht der Spekulation..., sondern ein gesetzliches, etwas anzunehmen, ohne welches nicht geschehen kann, was man sich zur Absicht seines Tuns und Lassens unnachläßlich setzen soll“, KpV Vorr. (II 4 f.). Die praktische Vernunft verschafft durch ihre Postulate (s. d.) den Ideen von Gott (s. d.), Unsterblichkeit (s. d.), Freiheit (s. d.) objektive Realität, sie sichert dieselbe; weil die praktische Vernunft ihrer bedarf, wird die theoretische Vernunft, der gegenüber jene den Primat (s. d.) besitzt, genötigt, sie vorauszusetzen, ohne aber durch synthetische Sätze die Beschaffenheit der übersinnlichen Objekte dieser Ideen näher bestimmen zu können, wenn sie diese Objekte auch durch ihre Kategorien (s. d.) zu „denken“ vermag, ibid. 1. T. 2. B. 2. H. VII (II 171 ff.).

Die Realität (s. d.) der Ideen ist nicht theoretisch, sondern nur „praktisch“ (s. d.). Freiheit, Gott, Unsterblichkeit sind „in praktischer Absicht selbstgemachte Ideen“. Die Ideen haben „objektive, aber nur in praktischer Rücksicht gültige Realität“, Fortschr. d. Metaph. Auflösung d. Aufgabe III (V 3, 142 ff.); vgl. 2. Abs. 3. Stadium (V 3, 125 ff.). Vgl. Übersinnlich, Metaphysik. — Die „Ideen“ schafft sich die Vernunft selbst. Sie sind aber, „obzwar für das spekulative Erkenntnis überschwenglich“, „nicht in aller Beziehung leer“, sondern werden „in praktischer Absicht uns von der gesetzgebenden Vernunft selbst an die Hand gegeben“, „nicht etwa um über ihre Gegenstände, was sie an sich und ihrer Natur nach sind, nachzugrübeln, sondern wie wir sie zum Behuf der moralischen, auf den Endzweck aller Dinge gerichteten Grundsätze zu denken haben (wodurch sie, die sonst gänzlich leer wären, objektive praktische Realität bekommen“, Ende a. D. Anmerk. (VI 163). — Durch den kategorischen Imperativ (das Sittengesetz) „bekommen Ideen, die für die bloß spekulative Vernunft völlig leer sein würden, ob wir gleich durch diese zu ihnen als Erkenntnisgründen unseres Endzwecks unvermeidlich hingewiesen werden, eine obzwar nur moralisch-praktische Realität: nämlich uns so zu verhalten, als ob ihre Gegenstände (Gott und Unsterblichkeit), die man also in jener (praktischen) Rücksicht postulieren darf, gegeben wären“, Fried, i. d. Ph. 1. Abs. A. Von der Vereinbarkeit... (V 4, 33). — „Ideen sind Vernunftbegriffe, denen kein Gegenstand in der Erfahrung adäquat gegeben werden kann. Sie sind weder Anschauungen (wie die von Raum und Zeit), noch Gefühle (wie die Glückseligkeitslehre sie sucht), welche beide zur Sinnlichkeit gehören; sondern Begriffe von einer Vollkommenheit, der man sich zwar immer nähern, sie aber nie vollständig erziehen kann“, Anthr. 1. T. § 43 (IV 111). — „Eine Idee ist nichts anderes als der Begriff von einer Vollkommenheit, die sich in der Erfahrung noch nicht vorfindet.“ „Erst muß unsere Idee nur richtig sein, und dann ist sie bei allen Hindernissen, die ihrer Ausführung noch im Wege stehen, gar nicht unmöglich“, Über Pädagogik (VIII 196).

Die reine Vernunft (im Unterschiede vom Verstände) ist eine Quelle eigener apriorischer Begriffe, „Vernunftbegriffe“. Diese wollen sich nicht innerhalb der Erfahrung beschränken lassen, sondern gehen aufs Unbedingte (s. d.), über jede gegebene Erfahrung hinaus. Es sind „transzendentale Ideen“, KrV tr. Dial. 1. B. am Anfang (I 326 f.—Rc 393 ff.). Die Idee ist „ein Begriff aus Notionen, der die Möglichkeit der Erfahrung überschreitet“, ibid. 1. Abs. (I 333—Rc 401). Wie die „Form der Urteile“, „in einen Begriff von der Synthesis der Anschauungen verwandelt“, die Kategorien (s. d.) hervorbringt, so enthält die „Form der Vernunftschlüsse, wenn man sie auf die synthetische Einheit der Anschauungen nach Maßgebung der Kategorien anwendet“, den Ursprung der transzendentalen Ideen, die „den Verstandesgebrauch im Ganzen der gesamten Erfahrung nach Prinzipien bestimmen“, ibid. 2. Abs. (I 334—Rc 402). Die transzendentale Idee ist ein Begriff „von der Totalität der Bedingungen zu einem gegebenen Bedingten“. Sie ist der „Begriff des Unbedingten, sofern er einen Grund der Synthesis des Bedingten enthält“. „Soviel Arten des Verhältnisses es nun gibt, die der Verstand vermittels der Kategorien sich vorstellt, so vielerlei reine Vernunftbegriffe wird es auch geben, und es wird also erstlich ein Unbedingtes der kategorischen Synthesis in einem Subjekt, zweitens der hypothetischen Synthesis der Glieder einer Reihe, drittens der disjunktiven Synthesis der Teile in einem System zu suchen sein.“ „Es gibt nämlich ebensoviel Arten von Vernunftschlüssen, deren jede durch Prosyllogismen zum Unbedingten fortschreitet, die eine zum Subjekt, welches selbst nicht mehr Prädikat ist, die andere zur Voraussetzung, die nichts weiter voraussetzt, und die dritte zu einem Aggregat der Glieder der Einteilung, zu welchem nichts weiter erforderlich ist, um die Einteilung eines Begriffs zu vollenden.“ „Daher sind die reinen Vernunftbegriffe von der Totalität in der Synthesis der Bedingungen wenigstens als Aufgaben, um die Einheit des Verstandes wo möglich bis zum Unbedingten fortzusetzen, notwendig und in der Natur der menschlichen Vernunft gegründet, es mag auch übrigens diesen transzendentalen Begriffen an einem ihnen angemessenen Gebrauch in concreto fehlen, und sie mithin keinen anderen Nutzen haben, als den Verstand in die Richtung zu bringen, darin sein Gebrauch, indem er aufs äußerste erweitert, zugleich mit sich selbst durchgehends einstimmig gemacht wird“, ibid. (I 335 ff.—Rc 403 ff.). Die Idee geht jederzeit „auf die absolute Totalität in der Synthesis der Bedingungen“ und endigt nur bei dem „schlechthin, d. i. in jeder Beziehung Unbedingten“. Die Vernunft geht auf höchste Einheit (s. d.) im Verstandesgebrauche, um „alle Verstandeshandlungen in Ansehung eines jeden Gegenstandes in ein absolutes Ganzes zusammenzufassen“. Daher ist der objektive Gebrauch der Ideen „transzendent“. Die Idee ist ein notwendiger Vernunftbegriff, „dem kein kongruierender Gegenstand in den Sinnen gegeben werden kann“. Die Ideen „betrachten alles Erfahrungserkenntnis als bestimmt durch eine absolute Totalität der Bedingungen“. „Sie sind nicht willkürlich erdichtet, sondern durch die Natur der Vernunft selbst aufgegeben, und beziehen sich daher notwendigerweise auf den ganzen Verstandesgebrauch. Sie sind endlich transzendent und übersteigen die Grenze aller Erfahrung, in welcher also niemals ein Gegenstand vorkommen kann, der der transzendentalen Idee adäquat wäre.“ Als „Begriff eines Maximum“ kann die Idee in concreto nie gegeben werden (daher „nur“ eine Idee, deren Gegenstand stets ein „Problem“ ohne Auflösung bleibt). — Nur die „Idee der praktischen Vernunft“ kann stets „wirklich, obzwar nur zum Teil, in concreto gegeben werden“, ja ist die „unentbehrliche Bedingung“ jedes praktischen Vernunftgebrauchs. Sie ist also „jederzeit höchst fruchtbar“. „In ihr hat die reine Vernunft sogar Kausalität, das wirklich hervorzubringen, was ihr Begriff enthält.“ — Die Ideen sind weder überflüssig noch nichtig. „Denn wenn schon dadurch kein Objekt bestimmt werden kann, so können sie doch im Grunde und unbemerkt dem Verstande zum Kanon seines ausgebreiteten und einhelligen Gebrauchs dienen, dadurch er zwar keinen Gegenstand mehr erkennt, als er nach seinen Begriffen erkennen würde, aber doch in dieser Erkenntnis besser und weiter geleitet wird. Zu geschweigen, daß sie vielleicht von den Naturbegriffen zu den praktischen einen Übergang möglich machen und den moralischen Ideen selbst auf solche Art Haltung und Zusammenhang mit den spekulativen Erkenntnissen der Vernunft verschaffen können“, ibid. (I 337 ff.—Rc 406 ff.). — Die Ideen haben es mit der „unbedingten synthetischen Einheit aller Bedingungen überhaupt“ zu tun. Sie lassen sich unter „drei Klassen“ bringen, welche enthalten: 1. die absolute (unbedingte) Einheit des denkenden Subjekts (Gegenstand der transzendentalen Seelenlehre, der rationalen Psychologie); 2. die absolute Einheit der Reihe der Bedingungen der Erscheinung (Gegenstand der transzendentalen Kosmologie, Weltwissenschaft); 3. die absolute Einheit der Bedingung aller Gegenstände des Denkens überhaupt (Gegenstand der transzendentalen Theologie). Die Ideeen dienen „nur zum Aufsteigen in der Reihe der Bedingungen bis zum Unbedingten d. i. zu den Prinzipien“. In Ansehung des „Hinabgehens zum Bedingten“ gibt es keinen transzendentalen, nur einen logischen Gebrauch der Vernunft. „Denn zur Möglichkeit des Bedingten wird zwar die Totalität seiner Bedingungen, aber nicht seiner Folgen vorausgesetzt.“ Von den Ideen ist keine „objektive Deduktion“ möglich, da sie keine Beziehung auf irgendein Objekt haben. Doch ist eine „subjektive Ableitung“ der Ideen „aus der Natur unserer Vernunft“ möglich. Unter den Ideen besteht „ein gewisser Zusammenhang und Einheit“. Die reine Vernunft bringt vermittelst ihrer alle ihre Erkenntnisse in ein System. Es besteht ein „natürlicher Fortschritt“ von der Erkenntnis seiner selbst (der Seele) zur Welterkenntnis und von dieser zum Urwesen, ibid. 3. Abs. (I 343 ff.—Rc 412 ff.). Von dem Gegenstande einer Idee hat man keinen eigentlichen „Begriff“, keinen Verstandesbegriff. Oder besser: man hat von ihm keine „Kenntnis“, obzwar einen „problematischen Begriff“. Die „transzendentale (subjektive) Realität“ der reinen Vernunftbegriffe beruht darauf, „daß wir durch einen notwendigen Vernunftschluß auf solche Ideen gebracht werden“ (ibid.). Auf den Ideen beruhen die „dialektischen Vernunftschlüsse“, ibid. tr. Dial. 2. B. am Anfang (I 347—Rc 416). Vgl. Schluß, Paralogismen, Antinomie, Ideal der reinen Vernunft. — Die Vernunft erzeugt „eigentlich gar keinen Begriff“, sondern macht nur den Verstandesbegriff von den unvermeidlichen Einschränkungen einer möglichen Erfahrung frei, indem sie zu einem gegebenen Bedingten auf der Seite der Bedingungen absolute Totalität fordert und dadurch „die Kategorie zur transzendentalen Idee“ macht. Die Ideen sind eigentlich nur „bis zum Unbedingten erweiterte Kategorien“. Und zwar taugen dazu nur jene Kategorien, in welchen die Synthesis eine „Reihe“ ausmacht, eine Reihe der einander untergeordneten Bedingungen zu einem Bedingten, ibid. 2. H. 1. Abs. (I 375 f.—Rc 499 f.); vgl. kosmologische Ideen, Antinomie. — Die Ideen sind „kosmologisch“, so lange wir mit unseren Vernunftbegriffen bloß die „Totalität der Bedingungen in der Sinnenwelt“ zum Gegenstande haben. „Transzendent“ werden sie, sobald wir das Unbedingte in demjenigen erblicken, „was ganz außerhalb der Sinnenwelt, mithin aller möglichen Erfahrung ist“. Sie dienen dann nicht bloß „zur Vollendung des empirischen Vernunftgebrauchs“, sondern machen sich selbst (intelligible) Gegenstände, die unerkennbar bleiben, ibid. 9. Abs. Schlußanmerk. (I 492 f.—Rc 628 ff). — Die transzendentalen Ideen erzeugen keine „konstitutiven“, eigene Objekte zum Inhalt habenden Grundsätze, sondern nur „regulative“ Prinzipien, welche einen Regressus in der Reihe der Bedingungen gegebener Erscheinungen gebieten. Diese Regel stellt die „Aufgabe“, niemals in dieser Reihe bei einem schlechthin Unbedingten stehen zu bleiben, nichts in ihr als Letztes, als Grenze anzusehen, sondern nach immer weiteren Bedingungen zu suchen. Diese Regel ist „ein Grundsatz der größtmöglichen Fortsetzung und Erweiterung der Erfahrung“. Sie sagt nicht, was das Objekt ist, sondern ist eine Regel der „regressiven Synthese“, zum Fortgang ins Unendliche (s. d.) oder ins Unbestimmte (Indefinite), ohne daß je die Reihe der Bedingungen als „unendlich im Objekt gegeben“ zu denken ist, ibid. 8. Abs. (I 451 ff.—Rc 584 ff.).

„Ideen ... sind noch weiter von der objektiven Realität entfernt als Kategorien; denn es kann keine Erscheinung gefunden werden, an der sie sich in concreto vorstellen ließen. Sie enthalten eine gewisse Vollständigkeit, zu welcher keine mögliche empirische Erkenntnis zulangt, und die Vernunft hat dabei nur eine systematische Einheit im Sinne, welcher sie die empirisch-mögliche Einheit zu nähern sucht, ohne sie jemals völlig zu erreichen“, ibid. tr. Dial. 2. B. 3. H. 1. Abs. (I 494—Rc 630 f.). Da alles, was in der Natur unserer Kräfte gegründet ist, zweckmäßig und mit dem richtigen Gebrauche derselben einstimmig sein muß, wenn wir nur die eigentliche Richtung derselben ausfindig machen können, so haben auch die transzendentalen Ideen ihren „guten und folglich immanenten Gebrauch“, „obgleich, wenn ihre Bedeutung verkannt und sie für Begriffe von wirklichen Dingen genommen werden, sie transzendent in der Anwendung und eben darum trüglich sein können“. „Denn nicht die Idee an sich selbst, sondern bloß ihr Gebrauch kann entweder in Ansehung der gesamten möglichen Erfahrung überfliegend (transzendent) oder einheimisch (immanent) sein, je nachdem man sie entweder geradezu auf einen ihr vermeintlich entsprechenden Gegenstand, oder nur auf den Verstandesgebrauch überhaupt, in Ansehung der Gegenstände, mit welchen er zu tun hat, richtet.“ Die Vernunft schafft keine Begriffe von Objekten, sondern „ordnet sie nur“ und gibt ihnen größtmögliche Einheit („kollektive Einheit“). Die Ideen sind nie von „konstitutivem Gebrauch“, der sie zu „vernünftelnden“ („dialektischen“) Begriffen machen würde; sie haben vielmehr einen „vortrefflichen und unentbehrlich notwendigen Gebrauch, nämlich den Verstand zu einem gewissen Ziele zu richten, in Aussicht auf welches die Richtungslinien aller seiner Regeln in einen Punkt zusammenlaufen, der, ob er zwar nur eine Idee (focus imaginarius), d. i. ein Punkt ist, aus welchem die Verstandesbegriffe wirklich nicht ausgehen, indem er ganz außerhalb den Grenzen möglicher Erfahrung liegt, dennoch dazu dient, ihnen die größte Einheit neben der größten Ausbreitung zu verschaffen“. Eine Illusion ist der Schein, „als wenn diese Richtungslinien von einem Gegenstande selbst, der außer dem Felde empirischmöglicher Erkenntnis läge, ausgeschlossen wären“, ibid. Anh. z. tr. Dial. Von d. regulativen Gebrauch... (I 548 ff.—Rc 690 ff.). Die Ideen haben kein „[Schema](schema“ (s. d.) der Anschauung, aber ein „Analogon“ eines solchen. Dieses „Schema der Vernunft“ ist die Idee des „Maximum“, deren Anwendung auf die Erfahrung eine Regel systematischer Einheit (s. d.) ergibt, ibid. (I 564 f.—Rc 708). Die Ideen sind nicht an sich selbst dialektisch, nur in ihrem „Mißbrauch“. Denn sie sind uns „durch die Natur unserer Vernunft aufgegeben“, und die Vernunft, dieser „oberste Gerichtshof aller Rechte und Ansprüche unserer Spekulation“, kann nicht selbst ursprüngliche Täuschungen und Blendwerke enthalten, auch nicht Widersprüche. Die „transzendentale Deduktion“ der Ideen besteht in der Legitimation derselben als „regulativer Prinzipien der systematischen Einheit des Mannigfaltigen der empirischen Erkenntnis überhaupt“. Der „Gegenstand in der Idee“ ist nur ein Schema zur Gewinnung solcher Einheit. Der Begriff einer höchsten Intelligenz z. B. ist nicht der Begriff eines gegebenen Gegenstandes, sondern die Regel, die Dinge der Welt so zu betrachten, „als ob sie von einer höchsten Intelligenz ihr Dasein hätten“. „Auf solche Weise ist die Idee eigentlich nur ein heuristischer und nicht ostensiver Begriff und zeigt an, nicht wie ein Gegenstand beschaffen ist, sondern wie wir unter der Leitung desselben die Beschaffenheit und Verknüpfung der Gegenstände der Erfahrung überhaupt suchen sollen.“ Die psychologischen Ideen geben die Regel, alle Bewußtseinszustände so zu verknüpfen, als ob das Gemüt eine einfache, beharrende, identische Substanz wäre; die kosmologischen Ln leiten uns an, die Bedingungen der Naturerscheinungen so zu verfolgen, als ob die Untersuchung unendlich und ohne ein erstes und oberstes Glied sei (ohne deshalb die bloß „intelligiblen ersten Gründe“ der Erscheinungen zu leugnen); die theologische Idee gebietet, alles zur möglichen Erfahrung Gehörige so zu betrachten, als ob sie eine durchweg abhängige und innerhalb der Sinnenwelt bedingte Einheit ausmache, zugleich aber so, als ob die Sinnenwelt selbst einen einzigen obersten Grund außer ihr habe, eine gleichsam selbständige, schöpferische Vernunft. Es hindert uns nichts — außer den Antinomien (s. d.) der kosmologischen Ideen —, diese Ideen „auch als objektiv und hypostatisch anzunehmen“. Ihre objektive Realität läßt sich nicht bestreiten. Aber diese bloße Annahme genügt nicht, um aus „Gedankenwesen“ („idealischen Wesen“) wirkliche Dinge zu machen. Sie können (theoretisch) nur als „Analoga von wirklichen Dingen“ gebraucht werden, indem wir uns ein Etwas denken, „wovon wir, was es an sich selbst sei, gar keinen Begriff haben, aber wovon wir uns doch ein Verhältnis zu dem Inbegriffe der Erscheinungen denken, das demjenigen analogisch ist, welches die Erscheinungen untereinander haben“. Durch die Annahme „idealischer Wesen“ erweitern wir nur die „empirische Einheit“ der Erfahrung durch die „systematische Einheit“, zu der uns die Idee das „Schema“ gibt, ibid. Von d. Endabsicht... (I 567 ff.—Rc 711 ff.). Die Ideen haben „keinen Gegenstand in irgendeiner Erfahrung, aber bezeichnen darum doch nicht gedichtete und zugleich dabei für möglich angenommene Gegenstände“. „Sie sind bloß problematisch gedacht, um in Beziehung auf sie (als heuristische Fiktionen) regulative Prinzipien des systematischen Verstandesgebrauchs im Felde der Erfahrung zu gründen. Geht man davon ab, so sind es bloße Gedankendinge, deren Möglichkeit nicht erweislich ist, und die daher auch nicht der Erklärung wirklicher Erscheinungen durch eine Hypothese zum Grunde gelegt werden können.“ Rein intelligible Wesen oder Eigenschaften lassen sich mit keiner gegründeten Befugnis der Vernunft als Meinung annehmen, obzwar sie sich auch nicht dogmatisch ableugnen kann. Eine „transzendentale Hypothese“ (s. d.), bei der die bloße Idee zur Erklärung von Naturdingen gebraucht würde, wäre gar keine Erklärung, ibid. tr. Meth. 1. H. 3. Abs. (I 642 f.—Rc 791 f.).

Die Ideen dienen dazu, „durch Vernunft, in Ansehung der Erfahrung und des Gebrauchs der Regeln derselben in der größten Vollkommenheit, den Verstand zu leiten oder auch zu zeigen, daß nicht alle möglichen Dinge Gegenstände der Erfahrung seien, und daß die Prinzipien der Möglichkeit der letzteren nicht von Dingen an sich selbst, auch nicht von Objekten der Erfahrung, als Dingen an sich selbst gelten“. „Die Idee enthält das Urbild des Gebrauchs des Verstandes, z. B. die Idee vom Weltganzen, welche notwendig sein muß, nicht als konstitutives Prinzip zum empirischen Verstandesgebrauche, sondern nur als regulatives Prinzip zum Behuf des durchgängigen Zusammenhanges unseres empirischen Verstandesgebrauchs. Sie ist also als ein notwendiger Grundbegriff anzusehen, um die Verstandeshandlungen der Subordination entweder objektiv zu vollenden oder als unbegrenzt anzusehen, — Auch läßt sich die Idee nicht durch Zusammensetzung erhalten; denn das Ganze ist hier eher als der Teil. Indessen gibt es doch Ideen, zu denen eine Annäherung stattfindet. Dieses ist der Fall mit den mathematischen oder den Ideen der mathematischen Erzeugung eines Ganzen, die sich wesentlich von den dynamischen unterscheiden, welche allen konkreten Begriffen gänzlich heterogen sind, weil das Ganze nicht der Größe (wie bei den mathematischen), sondern der Art nach von den konkreten Begriffen verschieden ist.“ „Man kann keiner theoretischen Idee objektive Realität verschaffen oder dieselbe beweisen, als nur der Idee von der Freiheit; und zwar weil diese die Bedingung des moralischen Gesetzes ist, dessen Realität ein Axiom ist. — Die Realität der Idee von Gott kann nur durch diese und also nur in praktischer Absicht, d. i. so zu handeln, als ob ein Gott sei — also nur für diese Absicht bewiesen werden“, Log. § 3 Anmerk. 2 (IV 99 f.).

Ideen „sind wirkliche Begriffe, deren Bestimmung aber es notwendig macht, das Objekt durch Prädikate zu denken, deren Beispiel in gar keiner Erfahrung gegeben werden kann. In diesen wird wirklich etwas gedacht, nur dadurch gar nichts erkannt“, Lose Bl. C 5. „Wir ziehen aus allen Gegenständen von einerlei Art endlich ein Urbild“, N 323. „Weltbegriffe“ sind Begriffe der „unbedingten Totalität der Synthesis“, N 5601. „Die Idee ist die Einheit der Erkenntnis, daraus das Mannigfaltige entweder der Erkenntnis oder des Gegenstandes möglich wird“, N 4347. „Die Idee ist einzig (individuum), selbständig und ewig. Das ist das Göttliche unserer Seele, daß sie der Idee fähig ist. Die Sinne geben nur Nachbilder oder gar Apparenzen“, N 5247. „Idee ist die Vorstellung des Ganzen, insofern sie notwendig vor der Bestimmung der Teile vorhergeht. Sie kann niemals empirisch vorgestellt werden, weil in der Erfahrung man von den Teilen durch sukzessive Synthesis zum Ganzen geht. Sie ist das Urbild der Dinge, weil gewisse Gegenstände nur durch eine Idee möglich sind. Transzendentale Ideen sind die, wo das (absolute) Ganze überhaupt die Teile im Aggregat oder [der] Reihe bestimmt“, N 5248. „Transzendentale Ideen sind Begriffe aus Prinzipien der Spekulation, nicht der Intellektion der Erscheinung, also über die absolute Totalität m der Synthesis der Erscheinungen“, N 5074. Sie dienen dazu, zu zeigen, „daß, was gar kein Gegenstand möglicher Erfahrung ist, darum kein Unding sei, und daß die Erfahrung sich selbst und der Vernunft nicht zureichend sei, sondern immer weiter, und also von sich abweise“, N 5938. „Durch die kosmologischen Ideen wollen wir das absolute Ganze der Reihe der Bedingungen in den Erscheinungen erkennen. Durch die psychologischen die absolute Beschaffenheit eines Gegenstandes der Erfahrung (nicht in Relation auf Dinge) als Dinges an sich selbst. Durch die theologische das Dasein der Dinge aus bloßen Begriffen (ohne alle Erfahrung), d. i. wir machen uns eine Idee, die zugleich das Dasein a priori unzertrennlich bei sich führe“, N 5939. Ideen sind „a priori durch reine Vernunft geschaffene Bilder (Anschauungen)“, Altpreuß. Mth. XXI 349. Vgl. Dialektik, Antionomie, Kosmologisch, Ideal, Unendlich, Totalität, Unbedingt, Als ob, Fiktion.