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Regeln bei ansteckenden Krankheiten

6) Wichtig sind endlich noch einige allgemeine Regeln zum diätetischen und medizinischen Verhalten bei herrschenden ansteckenden Krankheiten. Die besten Mittel zur Verhütung der letzteren bestehen in der Vermeidung aller jener Dinge, welche als veranlassende oder gelegentliche Ursachen derselben zu betrachten sind; doch steht dieses nicht immer in unserer Gewalt, indem wir unter den kosmischen und tellurischen Einflüssen stehen, die unser Leben, Gesundheit und Krankheit bedingen, je nachdem sie auf uns einwirken und wir bald mehr, bald weniger gegen dieselben reagieren. Herrschen in einer oder der anderen Gegend ansteckende Krankheiten, so sind für Gesunde die besten Schutzmittel: frische Luft, tägliches Lüften der Wohn- und Schlafzimmer, die größte Reinlichkeit in Kleidung, Wäsche und Wohnung, tägliche Bewegung in freier Luft, regelmäßige Lebensart und Mäßigkeit im Essen und Trinken, Ordnung im Wachen und Schlafen, keine Nachtschwärmerei, Vermeidung schwächender Einflüsse durch häufigen Koitus, durch viele geistige Getränke, durch übermäßige Geistesanstrengung, Vermeidung aller Leidenschaften, besonders der Furcht, Vermeidung des Umgangs mit den schon angesteckten Kranken und solchen Dingen, welche den Krankheitsstoff weiter schleppen. Dahin gehören vorzüglich alle tierische Substanzen: Wolle, Seide, Haare, Federn, auch leinene Kleider, Wäsche, Betten.

Bekannt ist, dass Tiere Ansteckungsstoffe auf Menschen übertragen können, z. B. die Schmeißfliegen das Milzbrandgift, wenn sie sich auf dem daran krepierten Vieh aufgehalten haben.

Auch die von den Haustieren auf Menschen übertragbaren Krankheiten muss der Nichtarzt kennen, um sich vor Schaden zu hüten und den meist sehr lebensgefährlichen Zufällen, die auf solche Ansteckung folgen, zu entgehen. Diese Tierkrankheiten sind: Rotzkrankheit, Milzbrand (Rangkorn, Kropf, wildes Feuer), Maul- und Klauenseuche, Mauke, Räude, Hundswut. (S. Levin a. a. O.)

Übrigens vermeide man bei den herrschenden Seuchen unter Menschen und Vieh Alles, was Ansteckung befördern kann und sei daher vorsichtig, aber man fürchte sich nicht, sondern bedenke, dass nicht jede herrschende Krankheit ansteckend ist, dass nur solche Krankheiten anstecken, wobei sich ein tierisches Gift (Contagium) im Körper des Kranken entwickelt, sobald dieses Gift einem empfänglichen, gesunden Körper mitgeteilt wird. Ist keine Empfänglichkeit des Körpers für den Ansteckungsstoff da, so steckt selbst die Pest nicht an.

Man vermeide auch die Berührung mit den Leichen der an solchen Krankheiten verstorbenen Personen und Tiere, und man beerdige sie in der Stille und an einen abgelegenen Ort.

Alle schwächende Mittel: Aderlassen, Laxanzen u. s. w., welche manche Menschen aus Unwissenheit zur Verhütung ansteckender Krankheiten anwenden, sind schädlich und gefährlich, indem sie gerade dadurch, dass sie den Körper empfänglicher machen, die Ansteckung befördern. — So wie wir dadurch, dass wir uns täglich jeder Witterung exponieren, unseren Körper abhärten und unempfindlich machen können, so dass uns Wind und Wetter nie schaden oder Erkältungskrankheiten erregen, — eben so können wir uns auch durch Furchtlosigkeit, Phlegma und täglichen Umgang mit Kranken an Ansteckungsstoffe gewöhnen, so dass sie uns nicht schaden, indem unser Körper dagegen allmählich abgehärtet, auch selbst das eingeatmete Gift durch Schweiß und Urin wieder aus dem Körper geschieden wird.