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Destruktive Tendenzen

Destruktive Tendenzen ein politisches Schlagwort, das 1835 aufkam, um damit die freiheitlich-nationalen Bestrebungen zu diskreditieren, als durch Bundestagbeschluss die Demagogenhetzen begannen. So schreibt Laube am 2. Nov. 1835 an Varnhagen (Houben S. 64) über „die auflösenden Tendenzen der jungen Literatur“. Ebenso Immermann 6, 112 (1836): „Obgleich ich … die auflösenden Gesinnungen nicht teile, welche diesen Reden zum Grunde liegen, so weiß ich doch die Stimmung sehr wohl zu würdigen, auf welcher sie entstehen mussten.“ Über die Anwendung dieser und ähnlicher Scheltworte durch den Minister des Innern berichtet Ruge, Briefw. 1, 266 (am 12. März 1842) und gesteht: „Das empörte mich, und ich sagte kurzweg, die Stichworte der Reaktion bewiesen nichts gegen die Philosophie, und die Geschichte mit den unseligen Redensarten wegzuleugnen, sei eine Kalamität … Die Wahrheit sei immer Gift und nur destruktiv, und wer nichts zerstöre, könne auch nichts gründen, das bewiese jede Gründung.“ Detmold, Randzeichnungen (Reclam) bringt in satirischer Absicht wiederholt den Ausdruck aufs Tapet, z. B. S. 38: „Historisches Recht!“ Achtung vor dem Bestehenden! destruktive Tendenzen! Ja, das sind die Stichworte der lichtscheuen Partei, die nichts gelernt hat und nichts vergessen, die immer und immer wieder ihr Schlangenhaupt erhebt, so oft auch der Gott der jungen Zeit siegend über ihren Nacken dahingeschritten!“ Prutz, kl. Schr. 2, 27 erwähnt eine eigene Partei der „Destruktiven“ bei den religiösen Zeitströmungen. Noch am 12. September 1862 charakterisierte der Kriegsminister v. Roon Lassalles Umtriebe in Bezirksversammlungen und in der Presse mit diesem Ausdruck, eine Kritik, die der Agitator deshalb zurückweist, weil genau dieselbe Geschichtsauffassung und genau dieselben Worte, die jener in seinem Munde für konservativ halte, bei ihm destruktiv gefunden würden (Laff. 1, 73).

Gleiche Bedeutung hat die analoge Wendung subversive Tendenzen. Vergl. ebenfalls Detmold, Randz. (1844) S. 40 und 41: „die subversiven, destruktiven Tendenzen eines tollen Radikalismus, der an allem Bestehenden rüttelt.“ Auch Bismarck gebrauchte dieses Scheltwort demokratischer Bestrebungen, spitzte es aber scharf zu gegen das staatsgefährdende Treiben der Kaplanspresse, indem er am 23. März 1887 (Polit. Reden 12, 352) ausführte: „In dieser Beziehung halte ich die subversiven Tendenzen, das Unterwühlen der Autorität für vollständig gleichbedeutend, mag es von geistlicher oder weltlicher Seite, von Sozialdemokraten oder demokratisierenden Geistlichen ausgehen.“