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Christlicher Staat

Christlicher Staat, ein Stichwort, das bis ins 18. Jahrhundert zurückführt und seitdem zu wiederholten Malen mit besonderer Schlagkraft erklungen ist. Vgl. Wieland 33, 195 f. (1782): „Ein christlicher Staat hat hierin vor den übrigen nichts Besonderes. Was man in ihm die Kirche nennt, ist sein eigner unabhängiger Staat im Staate.“

In eingehender Würdigung charakterisiert dann namentlich Friedrich Schlegel in einem „Signatur des Zeitalters“ betitelten Aufsatz (Concordia 1823, 355 ff.) die christliche Staatstheorie und führt darin unter anderem aus: „Wenn wir nun den lebendigen Begriff und die wahre Idee des christlichen Staats nach seinen inneren Kennzeichen und charakteristischen Eigenschaften richtig auffassen und nach der welthistorischen Wahrheit darstellen und erklären wollen; so versteht es sich von selbst, dass dabei nicht ausschließend auf den Umstand gesehen und allein darnach geurteilt werden darf, ob das Christentum, entweder nach der altkatholischen Kirche, oder nach irgend einer der bekannten und anerkannten neuern Konfessionen, in einem Lande und Staate eingeführt, und entweder mit Ausschließung jedes andern Glaubens auf selbigem Gebiete allein gültig sei, oder aber doch als herrschende Staatsreligion vor allen übrigen den Vorzug habe. Es kommt vielmehr nur daraus an, ob die vorwaltenden Maximen, Verfahrungsweisen, Grundsätze und herrschenden Prinzipien des Staats selbst in seiner eigenen Sphäre, ganz unabhängig von der äußeren kirchlichen Konfession, ihrem innern Geist nach mit dem Christentum übereinstimmen, und also wesentlich christlich sind, oder nicht.“

Neuen Impuls erfuhr der Ausdruck aber vor allem durch die vom preußischen Unterrichtsminister Eichhorn in Übereinstimmung mit König Friedrich Wilhelm IV. Seit Anfang der vierziger Jahre des 19. Jahrhunderts unternommenen Versuche, die Kirchlichkeit im Staate zu heben, wobei viel böses Blut erregt wurde. Vgl. Grenzb. 1843, 746: „Man hat in Deutschland in letzterer Zeit den Ausdruck der christliche Staat zum Modewort gemacht.“ Oder ebenda S. 1057: „Das hebräische Geld ist im „christlichen Staate“ von jeher ein guter Leckerbissen gewesen.“ Im selben Jahre überschreibt auch Hoffmann von Fallersleben 4, 303 ein Gedicht: Der christliche Staat.