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Gemeine Zwiebel

Zwiebel, gemeine, Allium Cepa. Obgleich schon oben der Zwiebeln als eines wirksamen Hausmittels gegen Geschlechtsunvermögen, Wassersucht, als Rubefaciens, gegen Verschleimung u. s. w. beiläufig gedacht worden (s. Aphrodisiaka, Birkensaft, Clematis erecta, Gewürze, Goldrute und Rumex acutus); so bemerken wir dennoch hier der Vollständigkeit wegen darüber noch Folgendes:

1) Zwiebeln, jeden Morgen mit Brot oder Butterbrot verspeist, wirken erregend auf die Verdauung, befördern dieselbe, so wie die Assimilation, die Absonderung der Schleimhäute und der Nieren, und treiben die Würmer, wie die Blähungen ab. Daher sind sie, sowohl roh genossen, als auch der frisch ausgepresste Saft, jedesmal zu einem Lot mit Zucker, ein gutes Hausmittel bei Verschleimung der ersten Wege, bei alten Katarrhen, Hydrops, Skorbut, Wechselfiebern und Würmern. Den zurückbleibenden übeln Mundgeruch verhütet man, wenn man nach dem Genüsse einige gebrannte Kaffeebohnen zerkaut und verzehrt.

2) Die Knollen (Bulbi Ceparum) reizen, äußerlich auf die Haut gelegt, durch ein in ihnen vorhandenes, scharfes, ätherisches Öl, die superfiziellen Nerven und Gefäße, und rufen so eine leichte Röte, Geschwulst und Schmerz, selbst Blasen, wie nach spanischen Fliegen, hervor. Sie werden deshalb in der Chirurgie häufig angewendet, um einen kräftigeren Lebensprozess in der Haut zu erzeugen, und sie verdienen hier vor Vielen anderen ähnlichen Mitteln wegen ihrer schnellen und kräftigen Wirkung den Vorzug. Die zerquetschten Zwiebeln legt man als Ableitungsmittel bei Zahnschmerzen an die Wangen, bei Nasenbluten an das Kinn oder auf die Handwurzel, bei kalten Geschwülsten, schmerzlosen Furunkeln, selbst bei Karbunkeln, damit sie in Eiterung geraten, auf die Haut der leidenden Stelle und in deren Nachbarschaft. Der Dr. Bücking rühmt folgende Salbe zum Einreiben gegen den Karbunkel auf dem Rücken alter Leute:

Nr. 131. Nimm: vier Stück mittelmäßig große Zwiebeln, schneide sie in feine Stücke, brate sie in einem Tiegel, setze Pech und gelbes Wachs, von jedem vier Lot, und acht Lot weiße Seife hinzu. Rühre Alles um, dass es eine Salbe wird.

3) Gegen das Ausfallen der Kopfhaare, besonders bei Frauenzimmern, ist folgendes Waschwasser sehr wirksam:

Nr. 132. Man nehme drei große Zwiebeln, schneide sie in kleine Stücke, bringe sie in eine Flasche und gieße ein Maß Franzbranntwein darauf, lasse dieses 36 Stunden lang in der Wärme ausziehen, seihe es durch, und setze ein Viertelmass starkes Klettenwurzeldekokt hinzu. Man tränkt einen Schwamm damit, befeuchtet mit diesem zwei- bis dreimal täglich, fortgesetzt mehrere Wochen lang, das Haar, und besonders die Kopfhaut, bedeckt den Kopf mit einem Tuche oder einer Nachtmütze, salbt am Morgen das Haar ein wenig mit Klauenfett, und kämmt es mit einem nicht zu engen Kamme durch.

4) Der frische Saft von zerquetschten Zwiebeln ist ein herrliches Mittel gegen Mücken- und Wespenstiche, auch gegen den Stich der Bienen; denn er beseitigt schnell die Röte und den Schmerz, so wie man die schmerzende Stichstelle und deren Umgebung damit stark eingerieben hat.

5) In diätetischer Hinsicht ist kein Mittel geeigneter, Hunger und Durst zu stillen, als ein Stück Zwiebel oder Knoblauch mit Brot, was daher die Karavanenzüge in der Wüste viel bei sich führen, auch Schiffer auf großen Seereisen, um leichter dem Hungertode zu entgehen, mit sich führen sollten. 6) Gegen alte, langwierige, durch Erkältung entstandene Taubheit ist es ein wirksames Hausmittel, Abends und Morgens einige Tropfen Zwiebelsaft mit ein paar Tropfen Mandelöl in das Ohr zu tröpfeln und hinterher den Gehörgang fortwährend mit Baumwolle zu verstopfen.

6) Nach Dioscorides sollen Zwiebeln, in Honigwasser gekocht, bei altem Husten mit recht zähem Schleim und schwerem Auswurf wirksam sein. Auch kann man sie in der Asche braten und Honig zusetzen, so dass es eine Latwerge wird, wovon man viermal täglich einen bis zwei Teelöffel voll nimmt.

7) Die rohen Zwiebeln soll man, nach Dioscorides, zerschneiden, mit frischem Brunnenwasser über-gießen, über Nacht stehen lassen und am anderen Morgen solches Wasser den Kindern zu trinken geben. „Dieses treibt und tötet die Spulwürmer gewaltig.“

8) Eine Zwiebel in Schmalz geröstet und den Kindern auf den Leib gelegt, hilft sehr bald gegen die Harnverhaltung derselben (s. J. Th. Tabernomontanus a. a. O. Th. II. S. 199). Auch hilft oft schon ein Zwiebelblättchen, — eigentlich das dünne Häutchen, welches sich zwischen jedem Fach der Zwiebel vorfindet, — wenn man es dem Knaben, der nicht harnen kann, auf einige Augenblicke zwischen Vorhaut und Eichel legt.

9) Zwiebelsaft mit Wein getrunken, darneben eine kleine Zwiebel, abgeschält und mit Öl bestrichen, in der Scheide so lange getragen, bis Schmerz erfolgt, — sind sehr hilfreiche Mittel gegen verhaltene oder unterdrückte Menstruation (s. Tabernomontanus l. c. Thl. II. p. 199).

10) Nach Dioscorides haben die Zwiebeln, des Abends gegessen, die Eigenschaft, der Schlaflosigkeit entgegen zu wirken. Er bemerkt dabei, dass Personen, die nach dem Genuss derselben Kopfweh bekommen, sie nicht gemessen sollen.

11) Gegen die gefährlichen Zufälle, welche — meist in Folge von Erkältung — durch plötzliche Unterdrückung der fließenden Hämorrhoiden entstehen, rät Dioscorides den Saft von Zwiebeln, Raute und Honig mit einander zu vermischen und damit den After und die Goldaderknoten tüchtig einzureiben. Auch möchte es gut sein, ein fingerlanges Ende vom Talglichte mit dieser Mischung stark einzureiben und dann als Stuhlzäpfchen (Suppositorium) einzubringen.

12) Gegen das Podagra ohne Geschwulst des Teiles, rät Tabernomontanus (l. c. II. 199) noch folgendes Mittel an: Man reibe in den leidenden Teil Zwibbelsaft, streue fein gestoßenen schwarzen Pfeffer darauf; alsdann benetze man einen Schwamm mit Wein, worin Kümmel gesotten ist und binde den Schwamm auf die schmerzhafte Stelle. „Dieses zeucht die böse Feuchtigkeit aus den Gliedern und zerteilt sie.“

13) Zwiebelsaft mit Essig vermischt und in die Nase gezogen, stillt das schlimmste Nasenbluten. Auch reicht es oft schon hin, eine zerschnittene Zwiebel unter die Nase des Blutenden zu halten.

Ein berühmtes Hausmittel zur schnellen Zerteilung des so schmerzhaften, sonst meist in Eiterung übergehenden Fingerwurms (Panarituim) ist dieses: Man nehme eine bis zwei, sehr fein zerschnittene Zwiebeln, eben so viel — dem Volumen nach, Krumen von altem Schwarzbrot, gebe so viel Korn-branntwein auf die in einen kleinen Topf gebrachte Mischung, dass Alles völlig feucht ist, erhitze das Ganze am Feuer zu einem Brei und stecke den kranken Finger so heiß, als es nur ertragen werden kann, hinein, lasse ihn in diesem Brei ein bis zwei Stunden stecken, und wiederhole dies, sobald die Masse kalt geworden, aufs Neue mit wieder erhitzten, frischen Zwiebeln, Brot und Branntwein drei- bis viermal täglich. Schmerz, Entzündung und Geschwulst verschwinden gewöhnlich schon binnen 24 Stunden, dagegen das ältere Verfahren der Wundärzte, sogleich den Finger aufzuschneiden und in Eiterung zu setzen, meist viel Schmerzen macht, und oft erst nach Wochen die Heilung erfolgt. Ich lernte jüngst dieses Hausmittel von einem hiesigen Mathematiker kennen, in dessen Familie, die auf dem Lande ohnweit Rostock wohnt, das Mittel seit vielen Jahren Berühmtheit erlangt hat.