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III. Das Substantivum

Was den alltäglichen Gebrauch der Sprache, den Ammen- und Kellnergebrauch, von der wissenschaftlichen Benutzung der Sprache unterscheidet, oder doch unterscheiden sollte, das ist schließlich die Bedeutung des Dings. Das Kind, der Bauer und der Kellner nennt das Ding da einen Apfel und weiß es nicht anders, als dass da wirklich ein Apfel süß ist, am Baume hängt oder auf dem Teller liegt. Das Kind, der Bauer und der Kellner verstehen es einfach nicht, wenn man ihnen sagt: Das geschriebene Wort Apfel ist ein sichtbares Zeichen für das gesprochene Wort Apfel, welches wieder nur ein hörbares Erinnerungszeichen für einen Begriff ist, in dem sich hunderte von mehr oder weniger ähnlichen Arten und von Milliarden gewesener, gegenwärtiger und zukünftiger, großer und kleiner, süßer und saurer Äpfel unklar vereinigen. Aber auch dieses hier vorhandene Apfelindividuum, das deine Hand wägt und als glatt und rund empfindet, das deine Nase riecht, dein Gaumen schmeckt und dessen rote Backe dein Auge sieht, ist dir als Ding, als etwas außer dir vollkommen unbekannt, es ist nichts als die älteste und allgemeinste Hypothese der Menschheit, die Hypothese der einheitlichen Ursache gleichzeitiger Wahrnehmungen. Wir nennen die angenommene Ursache gleichzeitiger Wahrnehmungen ein Ding; und wir nennen die regelmäßig vorangehende Wahrnehmung eine Ursache der Folgen. Wir wissen von diesem Apfel da nichts als die gleichzeitigen Empfindungen in der Hand, im Auge, am Gaumen und an der Nasenschleimhaut. Ein geschickter Mechaniker oder Taschenspieler, welcher uns durch verschiedene Ursachen gleichzeitig alle diese Empfindungen vermitteln würde, könnte wirklich einen Apfel künstlich erzeugen. Um das Äußerste über die Kategorienverwirrung zu sagen: wie das Verbum, als ohne Zweck unvorstellbar, immer etwas vom Futurum hat, so das Dingwort, als Ursache von Empfindungen, immer etwas vom Perfektum.

Womöglich noch unfassbarer wird der Dingbegriff für den philosophischen Physiker. Ernst Mach hat (Wärmelehre 355 und Analyse d. Empf. 252) prachtvoll gezeigt: "Was wir Materie nennen, ist ein gewisser gesetzmäßiger Zusammenhang der Empfindungen."