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Nach Nestroy

»Da hab’ i schon g’nur«

(Der Talisman)

Das Schicksal hat sich endlich dem deutschen Volk zugewandt.
Jetzt macht sich’s: der Kronprinz ist wieder im Land!
Wie ein’ Bissen Brot brauchen s’ ihn und der Heimat zum Glück
Kehrt er endlich als schlichter Privatmann zurück.
Und für alle Fälle gibt er noch sein Ehrenwort dazur ...
No is das net g’nur?

Wie soll man das neue Geld titulieren?
Die Krone? Gott beschütze! Den Frank? Nicht anrühren!
Vielleicht Ostmark? Bei Wotan, da faßt mich ein Graus,
Da gibt die Nationalbank kein Papiergeld heraus.
Ein’ Stüber! Da halt’ ich Tasche und Nas’n mir zur.
Da hab’ i am Namen schon g’nur!

Jetzt hat er uns ganz schon saniert, das ist g’scheit
Und das freut seine Leut’ und auch unsere Leut’.
Er hat es bis heut’ so erfolgreich betrieben,
Daß ihm zum Sanieren nichts übrig geblieben.
So saniert er die Seel’n noch in einer Tour.
Aber jetzt hätt’ mr g’nur!

Das Letzte, was uns nach dem Weltkrieg geblieben,
Die Ehre, die hab’n wir dem Teufel verschrieben.
Der lacht sich in Genf seinen Buckel voll:
Tu felix Austria stehst unter Kontroll’.
Jetzt tut s’ auf die Herrn aller Länder harr’n —
Und kriegt erst einen Schmarr’n.

Sitzt wo ein Paarl in ein’ Separee,
Da ist ganz gewiß die Polizei in der Näh.
Hat ein Madl geliebt, und sie fürchtet die Schand’,
So ist der Staatsanwalt gleich bei der Hand.
Rauben s’ ’n Staat als a ganzer, macht die Augen er zur.
Denn das is wirkli net g’nur!

Wenn ich in der Woch’n recht aufhauerisch war,
Dann bet’ ich am Sonntag aus’n Journal mit dem Bahr.
Gegen den ist der heilige Franziskus ein Schmock,
Und ich glaub’ selbst an die Renaissance vom Barock.
Und Dorfkirchl schaut ihm halt alleweil zur —
Und hat no net g’nur!

Am Abend wird g’spielt, wenn niemand im Haus gleich,
Bei Tag, da ist Ausgleich, mit die Theater is’s aus gleich.
Die Theaterrubrik handelt von Gerichtssaalsachen,
Das Publikum kriegt keinen Schlaf bei dem Krachen.
Ich bitt’, sperren S’ etwas geräuschloser zur.
Denn jetzt sind schon g’nur!

Er übertrifft ganz gewiß seine Vorgänger weit,
Frau Fanto trägt ein Ecru-Creme-Crepe-Souplekleid.
Sie sind alle erschienen, die Niedern und Obern,
Die Jugend will sich das Tanzrecht erobern.
Der Präsident der Concordia ist ein kreuzlustiger Bua;
Der hat no net g’nur!

Der Richard Strauß gilt als Wiens größte Geisteserscheinung;
Darüber hab’ ich meine eigene Meinung.
Von mir heißt’s, ich hab’ nix und bild’ mir was ein,
Als möchte von mir das »Schlagobers« sein.
Oder als wär’ ich gar Hausherr im Belveder’.
Ja, da hätt’ ich mehr!

Ein Liebling entschließt sich, einen Vortrag zu halten.
Das ist nicht so leicht, hie Rhodus hie Salten!
Da läßt sich gewiß gewinnen viel Ehr’.
Doch g’hören ein paar Leut’ halt ins Stehparterre.
Zwei Grenadiere zogen zu ein’ Rendezvous.
No is das net g’nur?

Zweihundert Vorträge hab’ ich gehalten:
Das ging nicht hinein in die Zeitungsspalten.
Das Schweigen war das beredteste Zeugnis,
Sie war’n ja nur sprachlos vor dem Ereignis,
Was? Tot geschwiegen? Gar keine Spur:
Zweihundert is g’nur!