Zum Hauptinhalt springen

Vorwort1

Die „Englischen Fragmente“ sind zum Teil vor zwei Jahren für die „Allgemeinen politischen Annalen,“ die ich damals mit Lindner herausgab, nach Zeitbedürfnissen geschrieben worden, und ihre Nützlichkeit beachtend, habe ich sie jetzt den Reisebildern, als Ergänzung einverleibt. Für den Besitzer der ersten Auflage bildet daher dieses Buch vielleicht einen willkommenen Nachtrag. Daß ich die Korrektur des Drucks nicht selbst besorge und alle Mißgeschicklichkeiten, die dadurch entstehen könnten, nicht vertreten möchte, bemerke ich zu besonderer Erwägung.

Ich wünsche, daß der geneigte Leser den Zweck der Mitteilung bei den „Englischen Fragmenten“ nicht verkennen möge. Vielleicht liefere ich, in zeitgemäßer Folge, noch einige Kunden dieser Art. Unsere Literatur ist nicht allzu reichlich damit versehen. Obgleich England von deutschen Novellendichtern oft geschildert wird, so ist doch Willibald Alexis der einzige, der die dortigen Lokalitäten und Kostüme mit treuen Farben und Umrissen zu geben wußte. Ich glaube er ist nicht einmal im Lande selbst gewesen, und er kennt dessen Physiognomie nur durch jene wundersame Intuition, die einem Poeten die Anschauung der Wirklichkeit entbehrlich macht. So schrieb ich selbst vor elf Jahren den „William Ratcliff“, worauf ich hier um so mehr zurückweisen möchte, da nicht bloß eine treue Schilderung Englands, sondern auch die Keime meiner spätern Betrachtungen über dieses Land, das ich damals noch nie gesehen, darin enthalten sind. Das Stück findet sich in den „Tragödien, nebst einem lyrischen Intermezzo, von H. Heine. Berlin 1823, bei F. Dümmler.“

Was Reisebeschreibung betrifft, so gibt es außer Archenholz und Göde2, gewiß kein Buch über England, das uns die dortigen Zustände besser veranschaulichen könnte, als die, dieses Jahr, bei Franckh in München erschienenen „Briefe eines Verstorbenen. Ein fragmentarisches Tagebuch aus England, Wales, Irland und Frankreich, geschrieben in den Jahren 1828 und 1829.“3

Es ist dieses noch in mancher anderen Hinsicht ein vortreffliches Buch, und verdient in vollem Maße das Lob, das ihm Goethe und Varnhagen v. Ense, in den Berliner Jahrbüchern für wissenschaftliche Kritik, gespendet haben.4

Hamburg, den 15. November 1830.

Heinrich Heine.


  1. Der erste Passus des Vorworts findet sich Bd. III. S. 388.
  2. C. A. Göde (1774-1812) schrieb ein Werk: „England, Wales, Irland und Schottland“ (Dresden 1805. V.).
  3. Vgl. Bd. III. S. 388.
  4. Jahrbücher f. wissensch. Kritik, 1830. II. 59. Der Besprechung Goethes ging die von Varnhagen v. Ense voraus.