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383. Dreistigkeit¹⁾. Frechheit²⁾.

1) Boldness.
Hardiesse (audace).
Arditezza (audacia).
2) Insolence, effrontery.
Insolence (effronterie).
Temerità (sfacciataggine).

Die Frechheit ist das Übermaß der Dreistigkeit. Dieses Übermaß besteht darin, daß der Freche (urspr. gierig, dann: kampfgierig, mutig, verwegen, anmaßend; ahd. frëh, begierig, habsüchtig) sich über alle Urteile hinwegsetzt und durch sein Betragen zu erkennen gibt, daß ihn auch gegründeter Tadel und verdiente Verachtung nicht rühre; während der Dreiste der Meinung ist, daß er keinen Tadel, keine Verachtung und Beschämung verdiene. Die Dreistigkeit entspringt aus dem Selbstvertrauen, die Frechheit aus dem Mangel an Ehrgefühl. Dreist wird daher zuweilen auch in gutem Sinne gebraucht, frech dagegen ist nur tadelnd. Da wir bei dem weiblichen Geschlecht größere Schamhaftigkeit und ein zarteres Gefühl erwarten, so werden wir bei demselben manches frech nennen, was uns bei dem männlichen nur dreist erscheint. Überhaupt wird frech gegenwärtig vielfach gebraucht, um Gebärden, Worte oder Handlungen zu bezeichnen, welche die Sittlichkeit und das Schamgefühl verletzen, z. B. eine freche Dirne, freche Lieder, Blicke, Worte usw. Dreist könnte hier nicht stehen. „Seid doch nicht so frech, Epigramme! Warum nicht? Wir sind nur | Überschriften; die Welt hat die Kapitel des Buchs.“ Goethe, Venet. Epigr. 60.